Verjährungspotential zum 31.12.2019

Vergütungsansprüche zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen verjähren mit Ablauf des 31.12. des Jahres, in dem die Verjährungsfrist endet. Während in der Vergangenheit regelmäßig die vierjährige Verjährungsfrist sowohl Krankenhäuser als auch die Krankenkassen jedes Jahr erneut gleichermaßen überraschte, gelten seit Inkrafttreten der Änderungen durch das Pflegepersonalstärkungsgesetz zum 01.01.2019 für einen Übergangszeitraum bis zum 31.12.2023 unterschiedliche Verjährungsfristen für Krankenhäuser und Krankenkassen.

Abgesehen davon bestehen nicht wenige Unsicherheiten mit Blick auf den Zeitpunkt des Verjährungsbeginns; ein Aspekt, der immer noch nicht höchstrichterlich geklärt ist. Angesichts dieser Unsicherheit wird im Folgenden auf den sichersten Zeitpunkt abgestellt, nämlich den Beginn der Behandlung. Ebenso wenig abschließend geklärt ist bislang die Frage, ob in Fällen, in denen die gesetzliche Unfallversicherung als Kostenträger verpflichtet ist, die drei- oder die vierjährige Verjährungsfrist gilt. Auch hier gehen wird aus Gründen der Vorsicht von der dreijährigen Verjährungsfrist ausgegangen.

Von Ausnahmekonstellationen abgesehen raten wir davon ab, Verjährungsverzichtsvereinbarungen zu unterzeichnen. Schließlich sollten in keinem Fall Rechnungen kurz vor dem Ablauf der Verjährungsfrist storniert oder neu ausgestellt werden.

Dazu im Einzelnen:

1. Zum 31.12.2019 verjährende Ansprüche der Krankenhäuser gegen Krankenkassen

Für Krankenhäuser verjähren mit dem Ablauf des 31.12.2019 alle Vergütungsansprüche

  • gegen Kostenträger der gesetzlichen Krankenversicherung für Krankenhausbehandlungen, die bis zum Ablauf des Jahres 2015 begonnen haben und
  • gegen Kostenträger der gesetzlichen Unfallversicherung für Krankenhausbehandlungen, die bis zum Ablauf des Jahres 2016 begonnen haben.

2. Zum 31.12.2019 verjährende Rückforderungsansprüche der Krankenkassen gegen Krankenhäuser

Sehr viel gestaffelter stellt sich die Situation für die Krankenkassen hinsichtlich behaupteter Rückforderungsansprüche gegen die Krankenhäuser dar. Diese sollten geflissentlich beachtet werden, damit keine Rückforderungen von Krankenkassen erfüllt sind, die bereits der Verjährung unterliegen. Hier gilt zu Lasten der Krankenkassen folgendes:

  • Rückforderungsansprüche für Krankenhausbehandlungen die vor dem 01.01.2017 lagen, sind bereits am 09.11.2018 verjährt.
  • Rückforderungsansprüche für Krankenhausbehandlungen in der Zeit vom 01.2017 bis 31.12.2017 verjähren zum 31.12.2019.

3. Verjährungsverzichtsvereinbarungen

Nicht selten bieten die Krankenkassen den Abschluss von Verjährungsverzichtsvereinbarungen verbunden mit der Drohung an, die betroffenen Rückforderungen einzuklagen, falls die Vereinbarung nicht vom Krankenhaus gegengezeichnet wird. Von Ausnahmesituationen abgesehen wird grundsätzlich davon abgeraten, Verjährungsverzichtsvereinbarungen abzuschließen.

Diese sind regelmäßig nur von Nachteil für das Krankenhaus, da es den Krankenkassen ein weiteres Zeitfenster einräumt, Entscheidungen in ihrem Sinne vorzubereiten und umzusetzen. Denn ohne den Aufschub sind die Krankenkassen unter Zeitdruck gezwungen zu entscheiden, ob die Forderung klageeignet ist oder ob genug Masse für eine Verrechnung im Raum steht. Nicht selten ergeht im Nachhinein auch eine unerwartete Entscheidung des Bundessozialgerichts, welches die Position des Krankenhauses in dem vom Verjährungsverzicht betroffenen Fällen verschlechtert oder gar zerstört.

Schließlich führt ein Verjährungsverzicht auch nur zum Aufschieben des Problems. Nicht selten werden die Fälle, für die in einem Jahr ein Verjährungsverzicht vereinbart wurde, dann gegen Ende des folgenden Jahres doch noch hektisch von einer Seite beklagt. Denn ein Problem, welches in einem Zeitraum von vier Jahren nicht gelöst werden konnte, wird sich regelmäßig auch im fünften Jahr nicht lösen lassen. Zielführender ist eine zeitnahe Entscheidung darüber, ob strittige Fälle auch gerichtlich durchsetzbar oder zu verteidigen sind. In diesem Fall bedarf es dann keines Verjährungsverzichtes mit den damit einhergehenden Problemen.

Ist der Fall hingegen unsicher und es besteht Verrechnungspotential für die Krankenkasse, so bedarf es ebenfalls keines Verjährungsverzichts. In diesem Fall kann abgewartet werden, ob die Krankenkasse überhaupt in der Lage ist, die Verrechnung bis zum Ende der Verjährungsfrist umzusetzen.

Sollten im Ausnahmefall gleichwohl die Unterzeichnung einer Verjährungsverzichtsvereinbarung unumgänglich sein, wird dazu geraten, diese vor Abschluss juristisch überprüfen zu lassen.

4. Stornierungen

In keinem Fall sollten Rechnungen kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist storniert und zur Umsetzung nach einer etwaigen Einigung mit der Kasse neu ausgestellt werden. Denn dann kann es mit Blick auf die 15-tägige Zahlungsfrist passieren, dass die Rechnung vor Ablauf der Verjährung gar nicht mehr fällig wird.

Davon abgesehen stellt sich die Zahlungskontrolle kurz vor oder nach den Feiertagen mit Blick auf die wohlverdienten Weihnachtsferien der meisten Mitarbeiter regelmäßig als schwierig heraus. Ebenso schwierig sind Abstimmungsprozesse für den Fall, dass tatsächlich noch eine verjährungshemmende Klage eingereicht werden muss.

5. Zusammenfassung

Zum 31.12.2019 verjähren alle Forderungen gegen die Krankenkassen aus dem Jahr 2015. Es ist ratsam, bereits jetzt den Evaluationsprozess abzuschließen, welche offenen Posten aus dem Jahr 2015 gerichtlich durchgesetzt werden sollen oder nicht. Eine zeitnahe, gut begründete Klage ist allemal zielführender, als hektisches, gießkanneartiges Einklagen teilweise ungeprüfter Vorgänge, nur um die Verjährungsfrist zu hemmen.

Gerne stehen wir Ihnen bei der Sicherung Ihrer Ansprüche – auch beratend in Ihrem Haus vor Ort – zur Verfügung. Unser Standort Düsseldorf ist auch „zwischen den Jahren“ mit einem schlagkräftigen Team besetzt, so dass wir notfalls Ihre offenen Posten bis zur Verjährungsgrenze einklagen können.

André Bohmeier
Rechtsanwalt