Liposuktion und Rechtsstaat: BSG, Urt. v. 25.03.2021, B 1 KR 25/20 R – Licht am Ende des Tunnels?

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Liposuktion und Rechtsstaat: BSG, Urt. v. 25.03.2021, B 1 KR 25/20 R

Licht am Ende des Tunnels?

Seit Jahren gibt es Streit über Liposuktionen bei schmerzhaften und bisher nicht anders zu behandelnden Fettverteilungsstörungen. Zugleich probte das Bundessozialgericht anlässlich dieses Streits eine Art Aufstand gegen den Gesetzgeber und hat sich mehrfach über Gesetzesrecht hinweggesetzt. Zu Hintergründen zum Beispiel hier:

Potenzial für NUB mit Potenzial: Hilft das Bundesverfassungsgericht der BSG-Rabulistik ab? – Rechtsanwälte PPP – Die Experten im Gesundheitswesen (ppp-rae.de)

Zwischenzeitlich hat sich die Besetzung des zuständigen Senates beim Bundessozialgericht geändert. Dieser hat einen neuen Vorsitzenden bekommen. Damit hat sich nun auch die Rechtsprechung geändert. Zukünftig steigen damit die Chancen für die Betroffenen, eine Behandlung erhalten zu können, wie aus einer jüngsten Entscheidung vom 25.03.2021 hervorgeht:

Bundessozialgericht – Verhandlungstermine – Krankenversicherung – Kostenerstattung – stationäre Liposuktion

Zugleich ist es eine Annäherung an rechtsstaatliche Grundsätze, die in den letzten beiden Jahrzehnten in der Rechtsprechung zur gesetzlichen Krankenversicherung immer weiter in den Hintergrund gedrängt wurden. Kostenersparnis und einseitig auf Kasseninteressen ausgerichtete Entscheidungen hatten die Interessen von Patienten und immer weiter ins Abseits gedrängt, selbst um den Preis des Rechtsbruches und jedenfalls mitunter äußerst fragwürdiger Entscheidungen und Begründungen. Hier scheint sich aber so nach und nach eine Änderung zu ergeben. Diese hat sich schon in anderen Entscheidungen des hier zuständigen ersten Senates angebahnt und sie zeigt sich in der Rechtsprechung des dritten Senates und in Entscheidungen des sechsten Senates, die alle für Gebiete in der gesetzlichen Krankenversicherung zuständig sind. Das ist eine erfreuliche Entwicklung und lässt hoffen, dass die Rechtsprechung insgesamt wieder zu mehr Ausgewogenheit zurückkehrt und zur Wertschätzung rechtlicher Grundprinzipien, welche in einem bescheidenen, aber nicht zu vernachlässigendem Umfang zur Verbesserung unseres Zusammenlebens beitragen.

Dr. Andreas Penner
Rechtsanwalt