Risiken aus Kooperationen und Outsourcing im Konflikt mit dem Krankenhausplanungsrecht Bundessozialgericht konkretisiert „eigene Leistungen“ von Krankenhäusern

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Risiken aus Kooperationen und Outsourcing im Konflikt mit dem Krankenhausplanungsrecht

Bundessozialgericht konkretisiert „eigene Leistungen“ von Krankenhäusern

BSG Az.: B 1 KR 15/21 R
LSG Baden-Württemberg 11.12.2019 – L 5 KR 1936/17
SG Stuttgart 31.03.2017 – S 4 KR 170/15

 

Das BSG hat durch vorbezeichneten Urteil (s. hier) Einschränkungen für Kooperationen von Krankenhäusern geschaffen und damit die Kooperationsvertragsgestaltung erneut erschwert. Nach der Entscheidung sollen alle wesentlichen Leistungen im Krankenhaus vom Krankenhaus selbst erbracht werden. Dritte dürfen nur bei hinreichender organisatorischer Eingliederung herangezogen werden. Nur unwesentliche Leistungen können außerhalb des Krankenhauses erbracht werden, wenn die Gesamtverantwortung gewahrt bleibt.

Unklar bleibt bei diesen Maßgaben, was wesentlich ist, wann eine hinreichende organisatorische Eingliederung besteht und wann eine ausreichende Gesamtverantwortung gegeben ist. Sogar der Ort des Krankenhauses ist unklar, da offenbar das Grundstück, auf dem das Krankenhaus betrieben wird, nicht ohne weiteres zum „Krankenhaus“ im Sinne des BSG zählt. Unklar ist auch, wie sich das BSG-Urteil zu mitunter konträren Maßgaben des Krankenhausplanungsrechtes verhält. In NRW baut das Planungsrecht z. B. im großen Umfang auf Kooperationen auf, die bei enger Auslegung des BSG-Urteils nicht umsetzbar wären.

Kritisch ist zudem, dass für Leistungen, die auf Basis von nach dieser Rechtsprechung unzulässigen Kooperationen erbracht worden sind, Rückforderungen nicht ausgeschlossen werden. Zwar lässt sich hier, anders als im Falle früherer Entscheidungen bisher keine Rückforderungswelle erkennen. Jedenfalls kann es aber geboten sein, vorsorglich Anpassungen bei Kooperationen vorzunehmen und sich für zukünftige Kooperationen enger mit Behörden und Kassen abzustimmen.

1. Prüfung von Kooperationen

Bei der organisatorisch-sachlichen und rechtlichen Gestaltung und im Vollzug von Kooperationen von Krankenhäusern sollten zukünftig die vom BSG entwickelten Voraussetzungen eigener Leistungen berücksichtigt werden. Folgende Überlegungen können bei der Überprüfung von Kooperationen angestellt werden:

1. Zu prüfen sind Gestaltungen, bei denen Personal eingesetzt wird, das nicht zur Kernbelegschaft gehört, also nicht in einem unmittelbaren Arbeitsverhältnis steht oder im Rahmen eines Arbeitnehmerüberlassungsverhältnisses tätig wird. Darüber hinaus sind auch Gestaltungen zu überprüfen, denen zwar Arbeitsverträge zu Grunde liegen, bei denen die Arbeitnehmer aber aufgrund besonderer Vereinbarungen nicht in gleicher Weise eingegliedert sind in die Betriebsorganisation wie die Kernbelegschaft. In solchen Fällen könnte es sich um „Dritte“ handeln, für die dann besondere Voraussetzungen für die Gewährleistung der organisatorischen Eingliederung gelten, um gleichwohl von einer eigenen Krankenhausleistung auszugehen.

Weiter sind Leistungen besonders zu prüfen, die außerhalb des Krankenhausgebäudes von Dritten erbracht werden. Hier bedarf es neben der hinreichenden Gesamtverantwortung einer Begrenzung auf sog. unwesentliche Leistungen, um die Zurechnungsfähigkeit verlässlich aufrecht zu erhalten.

2. Sofern man sich in einem etwaig „kritischen“ Bereich bewegt, ist als nächstes zu prüfen, ob gesetzliche Ausnahmen greifen. Das BSG hat hier § 115d SGB V als Sonderfall genannt. Es dürften sich mit guten Gründen darüber hinaus zumindest explizit verlangte, jedenfalls aber gebilligte Kooperationen als Ausnahme einordnen lassen, namentlich im Bereich des Rechtes der Qualitätssicherung. Das folgt daraus, dass es sich hier um speziellere Regelungen handelt, die § 2 KHEntgG vorgehen.

3. Für die Gestaltung der organisatorischen Eingliederung ist sodann auf folgende, exemplarische Gestaltungspunkte zu achten, die je nach Ausgestaltung für oder gegen eine ausreichende organisatorische Eingliederung im Krankenhaus sprechen können:

  • Grundsatzentscheidung: Kooperationsverträge oder Arbeitsverträge / Arbeitnehmerüberlassung (s. oben)
  • Kompetenzen der ärztlichen Direktoren und Chefärzte
  • Hoheit über Aufnahme- und Entlassungsentscheidungen durch krankenhauseigenes Personal
  • Behandlungskonzeption und Aufklärungsmanagement
  • Einbindung des Kooperationspartners in krankenhauseigene Organisationsvorgaben, besonders in medizinrechtlichen Belangen (z. B. Hygiene, Medizinprodukte, Strahlenschutz, Arzneimittelversorgung, Dokumentation, Abrechnung);
  • Entscheidung des „Ob, wann und wie“ des Einsatzes von Kooperationspartnern
  • OP- und Ressourcenplanung
  • Entscheidungskompetenzen in Beschaffungs- und Investitionsentscheidungen
  • Dokumentationsvorgaben und datenschutzrechtliche Einbindung
  • Exklusivitäts- und Kündigungsregelungen

4. Mit in den Blick zu nehmen sind, so eine für das Abrechnungsrecht konforme Kooperation gefunden ist, die übrigen relevanten Rechtsgebiete, also die Vereinbarkeit der Gestaltung mit dem Arbeitsrecht, Sozialversicherungsrecht, Antikorruptionsrecht und Steuerrecht.

5. Da das BSG-Urteil an unterschiedlichen Stellen Interpretationsspielräume eröffnet, bleibt es geboten, die auf diesem Urteil basierende Verwaltungspraxis und Rechtsprechung im Blick zu behalten.

Zum dem Urteil zugrundeliegenden Sachverhalt:

Das BSG hat sich vorliegend mit „Outsourcing“ von Krankenhausleistungen an Kooperationspartner auseinandergesetzt. Gegenstand der Entscheidung war eine von einer Vertragsarztpraxis betriebene Strahlentherapieabteilung eines Krankenhauses. Das LSG hat dieses Outsourcing noch als im untergeordneten Umfang zulässige Beiziehung im Sinne der bisherigen BSG-Rechtsprechung eingestuft (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 11.12.2019 – L 5 KR 1936/17). Dagegen richtete sich die Krankenkasse mit Erfolg.

Das Krankenhaus war im Krankenhausplan des Landes Baden-Württemberg mit einer Abteilung für Strahlentherapie aufgenommen. Es verfügte seit 2005 über keine eigene Strahlentherapieabteilung. Die Mehrheitsgesellschafterin des Krankenhauses schloss 2008 mit einer vertragsärztlich zugelassenen Gemeinschaftspraxis für Strahlentherapie einen Kooperationsvertrag über die Erbringung von Strahlentherapieleistungen für stationär behandelte Patienten. Die streitgegenständlichen Bestrahlungsleistungen erfolgten in der Praxis des vertragsärztlichen Kooperationspartners, die sich auf dem Krankenhausgelände befand. Die Krankenkasse zahlte die Strahlentherapie nicht. Der Medizinische Dienst war der Auffassung, die während einer stationären Krankenhausbehandlung erbrachten, ambulanten Leistungen könnten nicht abgerechnet werden.

Entscheidungen von SG und LSG:

Auf die Klage des Krankenhauses hat das SG die Krankenkasse zur Zahlung des Unterschiedsbetrages verurteilt. Das LSG hat die Berufung der Krankenkasse zurückgewiesen. Strahlentherapeutische Leistungen gehörten zum Versorgungsauftrag des Krankenhauses. Ihrer Vergütung stehe nicht entgegen, dass das Krankenhaus diese nicht durch eigenes Personal erbracht habe. Es handele sich um „vom Krankenhaus veranlasste Leistungen Dritter“ im Sinne von § 2 Abs 2 Satz 2 Nr 2 KHEntgG.

BSG – Neue Voraussetzungen „eigener Leistungen“ von Krankenhäusern

Auf die Revision der Krankenkasse hat das BSG die vorbezeichneten Urteile aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Das BSG hält in seiner Entscheidung folgendes zu den Voraussetzungen eigener, abrechenbarer Leistungen von Krankenhäusern fest, die hier laut BSG nicht vorlagen (Hervorhebungen durch Autor):

Rn. 19: Die vom Krankenhaus zu erbringenden und nach § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG mit Fallpauschalen (§ 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG) zu vergütenden Krankenhausleistungen als voll- und teilstationäre Leistungen (§ 2 Abs 1 iVm § 1 Abs 1 KHEntgG) erfordern die organisatorische Eingliederung des Patienten in die Abläufe des Krankenhauses, also das durch personelle, apparative und räumliche Ausstattung gekennzeichnete Versorgungssystem (vgl BT-Drucks 12/3608 S 82; BSG vom 9.10.2001 – B 1 KR 15/00 R – SozR 3-2200 § 197 Nr 2 S 4 f = juris RdNr 17; BSG vom 18.5.2021 – B 1 KR 11/20 R – SozR 4-2500 § 109 Nr 85 RdNr 11; BSG vom 19.9.2013 – B 3 KR 34/12 R – SozR 4-2500 § 39 Nr 20 RdNr 12; BSG vom 8.9.2004 – B 6 KA 14/03 R – SozR 4-2500 § 39 Nr 3 RdNr 10 = juris RdNr 19). Zur Krankenhausbehandlung gehören damit in erster Linie die im Krankenhaus erbrachten Leistungen, die sich bereits nach dem ersten Anschein – mit Ausnahme der Belegleistungen nach § 2 Abs 1 Satz 2, § 18 KHEntgG – als Leistungen des Krankenhauses darstellen. Zur Abgrenzung von den ärztlichen Leistungen Dritter iS des § 2 Abs 2 Satz 2 Nr 2 KHEntgG, die nur bei Veranlassung durch das Krankenhaus zu dessen Leistungen gehören, ist der Ort der Leistungserbringung – im Krankenhaus, dh die vom Krankenhaus selbst genutzten und organisierten/administrierten Räume – ein zentrales Merkmal (ähnlich Seiler, NZS 2011, 410, 412). Nicht jede im Krankenhaus erbrachte Leistung ist zwingend eine vom Krankenhaus selbst erbrachte Leistung. Hingegen ist eine außerhalb des Krankenhauses als Ort der Behandlung erbrachte Leistung grundsätzlich keine vom Krankenhaus selbst erbrachte Leistung. Fehlt es an diesem räumlichen Bezug der Behandlung „im“ Krankenhaus, kann die außerhalb des Krankenhauses erbrachte Leistung ausnahmsweise als eigene Leistung des Krankenhauses qualifiziert werden, wenn das Gesetz hierfür den Einsatz von sächlichen oder personellen Mitteln des Krankenhauses ausreichen lässt, wie dies bei der stationsäquivalenten psychiatrischen Behandlung im häuslichen Umfeld nach § 115d SGB V mit Personal des Krankenhauses der Fall ist.

Rn. 20: Vorliegend fehlte es sowohl an der Behandlung im Krankenhaus als auch am Einsatz von Mitteln des Krankenhauses. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob hier die Voraussetzungen für den Einsatz von Fremdpersonal im Krankenhaus erfüllt waren, insbesondere ob die jederzeitige Verfügbarkeit des zur Erfüllung des Versorgungsauftrages notwendigen ärztlichen Personals im Krankenhaus (§ 107 Abs 1 Nr 3 SGB V; vgl dazu BSG vom 17.11.2015 – B 1 KR 12/15 R – BSGE 120, 69 = SozR 4-2500 § 109 Nr 50, RdNr 12; BSG vom 4.6.2019 – B 12 R 11/18 R – BSGE 128, 191 = SozR 4-2400 § 7 Nr 42, RdNr 26; BSG vom 19.9.2013 – B 3 KR 8/12 R – BSGE 114, 237 = SozR 4-2500 § 124 Nr 3, RdNr 34; BSG vom 23.3.2011 – B 6 KA 11/10 R – BSGE 108, 35 = SozR 4-2500 § 115b Nr 3, RdNr 59 ff) durch die Bestimmungen des Kooperationsvertrages hinreichend rechtlich gesichert gewesen wäre (vgl dazu BVerwG vom 26.2.2020 – 3 C 14.18 – BVerwGE 168, 1 = Buchholz 451.74 § 8 KHG Nr 19, RdNr 26 f).

Rn. 22: Nach § 2 Abs 2 Satz 2 Nr 2 KHEntgG gehören zu den allgemeinen Krankenhausleistungen unter den in Satz 1 genannten Voraussetzungen auch die vom Krankenhaus veranlassten Leistungen Dritter. Das setzt voraus, dass die Behandlung trotz der Hinzuziehung eines Dritten nicht außerhalb der Gesamtbehandlungsverantwortung des Krankenhauses erfolgt und sich die Leistung des Hinzugezogenen auch nach außen als Leistung des Krankenhauses gegenüber dem Patienten darstellt.

Rn 30: Die von § 2 Abs 2 Satz 2 KHEntgG genannten Voraussetzungen des § 2 Abs 2 Satz 1 KHEntgG beinhalten, dass die Leistungen im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig sein müssen. Bereits aus dieser Einzelfallbezogenheit ergibt sich, dass die regelmäßige und planvolle Einbeziehung der Leistungen eines Dritten in die Krankenhausbehandlung nicht vorgesehen und ein überwiegendes oder vollständiges Auslagern wesentlicher ärztlicher Leistungen nicht zulässt.

Rn. 34: Für die im Versorgungsauftrag ausgewiesenen Bereiche wie Fachabteilungen, Zentren, Fachprogramme etc hat das Krankenhaus daher die räumliche, apparative und personelle Ausstattung zur Erbringung der wesentlichen Leistungen selbst vorzuhalten. Wesentlich sind dabei alle Leistungen, die in der ausgewiesenen Fachabteilung regelmäßig notwendig sind – mit Ausnahme unterstützender und ergänzender Leistungen (vgl BSG vom 28.2.2007 – B 3 KR 17/06 R – SozR 4-2500 § 39 Nr 8 RdNr 22), wie etwa Laboruntersuchungen oder radiologische Untersuchungen. Die für die Aufnahme in den Krankenhausplan und die Vergütungsfähigkeit von Leistungen erforderliche Leistungsfähigkeit bedeutet nicht, dass jedes Krankenhaus jegliche Leistung, die vom Versorgungsauftrag umfasst wäre, immer selbst erbringen können muss. Die Leistungsfähigkeit richtet sich nach der Art der Versorgung, die nach den Vorgaben des Krankenhausplans vom Krankenhaus gewährleistet werden soll. Zu differenzieren ist dabei nach den im Krankenhausplan vorgesehenen Leistungs- oder Versorgungsstufen der Grund- und Regelversorgung, der Schwerpunktversorgung und der Maximalversorgung (vgl ua BVerfG vom 4.3.2004 – 1 BvR 88/00 – NJW 2004, 1648, 1649 = juris RdNr 34 f; BVerwG vom 16.1.1986 – 3 C 37.83 – Buchholz 451.74 § 8 KHG Nr 9 S 92 = juris RdNr 66; Dettling/Würtenberger in Dettling/Gerlach, Krankenhausrecht 2. Aufl 2018, § 1 KHG RdNr 229 f; Szabados in Spickhoff, Medizinrecht, 3. Aufl 2018, § 8 KHG RdNr 6). Die Konzentration auf einzelne, eine bestimmte medizinisch-technische und/oder personelle Ausstattung erfordernde Leistungen ist nicht ausgeschlossen, solange die wesentlichen Leistungen des Versorgungsauftrages selbst erbracht werden können. So verlangt der erteilte Versorgungsauftrag „Innere Medizin“ für ein Krankenhaus der Grundversorgung nicht, dass das Krankenhaus auch in der Lage sein muss, Stentimplantationen als eine von vielen Leistungen des Fachgebietes durchzuführen. Die Kooperation mit einem anderen Krankenhaus höherer Versorgungsstufe, in das die Patienten für diese Leistung verbracht werden, stellt die Leistungsfähigkeit des Krankenhauses nicht grundsätzlich in Frage (vgl zum Sachverhalt OVG Lüneburg vom 12.6.2013 – 13 LC 174/10 – GesR 2013, 501).

Aus den vorstehenden, wesentlichen Teilen der Urteilsbegründung lassen sich Voraussetzungen eigener Leistungen des Krankenhauses ableiten, die künftig richterlich präzisiert zu werden drohen.

  • Organisatorische Eingliederung des Patienten in die Abläufe des Krankenhauses, also das durch personelle, apparative und räumliche Ausstattung gekennzeichnete Versorgungssystem (BSG, a.a.O. Rn. 19)
  • jederzeitige Verfügbarkeit des für Erfüllung des Versorgungsauftrages notwendigen Personals muss rechtlich gesichert sein (BSG, a.a.O. Rn. 20)
  • Kein überwiegendes oder vollständiges Auslagern wesentlicher Leistungen (BSG, a.a.O. Rn. 30). Das Krankenhaus muss für die im Versorgungsauftrag ausgewiesenen Bereiche die räumliche, apparative und personelle Ausstattung zur Erbringung der wesentlichen Leistungen selbst vorhalten (BSG, a.a.O. Rn. 34)
  • Der Ort der Leistungserbringung liegt im Krankenhaus, d.h. in dem vom Krankenhaus selbst genutzten und administrierten Räume unter Einsatz von Einrichtungen, Mitteln und Diensten des Krankenhauses (BSG, a.a.O. Rn. 17 und 20), es sei denn es handelt sich um unwesentliche Leistungen. Als unwesentlich wurden vom BSG voraussichtlich Leistungsbereiche ohne Planausweisung angesehen und bei den im KH-Plan ausgewiesenen Bereichen, die das Krankenhaus unter Berücksichtigung seiner Leistungsstufe nicht regelmäßig erbringen muss .

Bewertung der Entscheidung:

In der Entscheidung setzt sich die kritische Haltung zu Kooperationsverhältnissen fort, deren rechtliche Begründung schwer nachvollziehbar ist.

Das gilt besonders für die einschränkende Auslegung des § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 KHEntgG. Aus der „Einzelfallbezogenheit“ soll sich ergeben, dass die regelmäßige und planvolle Einbeziehung der Leistungen eines Dritten in die Krankenhausbehandlung nicht vorgesehen ist. Den Terminus Einzelfall von § 2 Abs. 2 Satz 1 in dessen Satz 2 zu übernehmen, ist dogmatisch fragwürdig, zumal sich der Terminus in Satz 1 nicht auf Leistungen Dritter bezieht. In Satz 1 ist nur eine Definition von allgemeinen Krankenhausleistungen enthalten, namentlich, dass Krankenhausleistungen in jedem Fall nur solche sind, die im jeweiligen Patienten-Einzelfall zweckmäßig und ausreichend für die Versorgung sind.

Weiterhin können die Erwägungen zur Finanzierung von Infrastruktur nicht überzeugen. Soweit behauptet wird, dass bei der Erbringung solcher Leistungen durch Dritte solche Infrastrukturkosten nicht anfielen, ohne dass damit eine Minderung der Vergütung erfolge, ist das unzutreffend. Infrastrukturkosten fallen auch dann an, wenn die Leistungen durch Dritte erbracht werden. Diese Kosten finden sich zwar  nicht in Gestalt von eigenen Aufwendungen für Medizintechniker, Strom, Verbrauchsmaterialen etc. wieder, sondern zusammengefasst in der Vergütungsforderung des Dritten, bei dem eben diese Kosten anfallen und die dann der Dritte dem Krankenhaus weiterbelastet.

Unabhängig von den rechtsdogmatischen Kritikpunkten ist das Urteil auch rechtspolitisch in Zeiten von Ressourcenknappheit und Personalnotstand schwer nachvollziehbar. Ob und wie die Kriterien künftig durch die sozialgerichtliche Rechtsprechung ausdifferenziert werden, ist zumindest offen. Zu optimistisch dürfte aber die Einschätzung sein, das Urteil betreffe in seiner Risikoreichweite nur das Outsourcing ganzer Abteilungen.

Gleichwohl dürfte das Krankenhausplanungsrecht Optionen belassen, vernünftige Kooperationen zu erhalten bzw. zu gestalten. Auch muss, abgesehen von spezifischen Gestaltungen, die der „Generierung von Leistungen“ verdächtigt werden, nicht per se mit dem Widerstand von Kostenträgern gerechnet werden, zumal auch diese von Effizienzsteigerungen profitieren.

Mithin sind regelmäßige Überprüfungen und ggfs. auch Anpassungen von Kooperationen und Kooperationsverträgen nötig. Dahingehend kommt auch die Abstimmung mit Planungsbehörden und Kostenträgern in Betracht, was die Ausgestaltung von neuen Kooperationen angeht. Wenn eine Chance besteht, dass eine solche Abstimmung in einer rechtlichen Anerkennung z. B. in Planungsentscheidungen oder Budgetvereinbarungen mündet, liegt darin eine Option, Kooperationen auch „in den Grenzbereichen“ des hier besprochenen Urteils verlässlich zu realisieren.

 

 

Dr. Felix Reimer, LL.M. (Medizinrecht)
Fachanwalt für Medizinrecht
Lehrbeauftragter der FOM München