Krankenhausplanung Nordrhein-Westfalen: 17:11.2022 Deadline oder Startschuss?

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Krankenhausplanung Nordrhein-Westfalen: 17.11.2022 Deadline oder Startschuss?

Aktuell herrscht bei vielen Krankenhäuserin in Nordrhein-Westfalen äußerste Betriebsamkeit in den Abteilungen, die mit der Krankenhausplanung befasst sind. Anlass ist der Krankenhausplan 2022 (s. hier). Dieser Plan ist in seinen Inhalten ambitioniert, nicht minder ambitioniert ist das Vorhaben für dessen Umsetzung. Wurden für den Krankenhausplan 2015 die Planungsverfahren teils über viele Jahre hinweg durchgeführt und in Einzelfällen nie vollständig abgeschlossen, soll diesmal alles schneller gehen. Statt Verfahren, die je Versorgungsgebiet individuell und abgeschichtet begonnen werden, gibt es einen einheitlichen Rahmen. Nach diesem erfolgte eine landesweite einheitliche Aufforderung zur Verhandlung über die Planungskonzepte am 17.10.2022. Diese Aufforderung war mit der Maßgabe verbunden, dass die Krankenhäuser binnen eines Monats, also bis zum 17.11.2022 zwecks Einleitung der Planungsverfahren diverse Daten zur Verfügung stellen. Die Einrichtungen sind verpflichtet, Formblätter und Tabellenblätter zu Antragsunterlagen, Facharztnachweisen, Stammdaten, Interessenbekundung und Erfüllung von Qualitätskriterien je Leistungsgruppe bei einer einheitlichen elektronischen Plattform des Landes hochzuladen. Auf diese Daten erhalten die Krankenkassen Zugriff. Nachfolgend sollen die Verhandlungen über die Regionalplanung innerhalb von sechs Monaten abgeschlossen werden. Nach Prüfung der Planungskonzepte durch die Bezirksregierungen und das MAGS sollen die Anhörungsverfahren mit einer Frist von sechs Wochen zur Stellungnahme durchgeführt werden. Danach schließt sich der Erlass der Feststellungsbescheide an.

Dieses ambitionierter Verfahren ist in seiner komprimierten und landesweiten Form bei gleichzeitig zunehmenden Coronalasten eine große Herausforderung. Zugleich stellen sich eine Fülle von Fragen zur Struktur und Qualitätsvoraussetzungen, was z.B. ein Vollzeitäquivalent ist, ob Mehrfachnennungen für mehrere Leistungsgruppen möglich sind, ob Größe per se bevorzugt wird, wie die Bedarfsermittlungen zu verstehen sind, wann Versorgungsverträge und Kooperationsverträge möglich und nötig sein, wie sich der Zusammenhang mit Förderanträgen gestaltet, ob das Outsourcingverbot des BSG die Kooperationsoptionen limitiert, was passiert bei Kooperationsverweigerung und und und. Hierzu geben der Krankenhausplan, Handreichungen mit Stand September 2022, das FAQ mit Stand vom 27.10.2022 und individuelle Auskünfte der Bezirksregierungen diverse Auskünfte und lösen mitunter noch vielfältigere Fragen aus.

Dennoch wird der Eindruck erweckt, dass z. B. die Qualitätskriterien mit Stichtag 17.11.2022 zu erfüllen seien (vgl. das FAQ, Seite 11: Für welchen Stichtag zählen die Qualitätsvorgaben? Antwort: Stichtag für die Angaben zur Erfüllung der Qualitätskriterien ist der 17.11.2022). Da-nach könnte der 17.11.2022 Deadline, nicht der Startschuss sein. Tatsächlich sieht die Rechtsprechung indes bisher den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Tatsachengerichtes als maßgeblich an für Planungskriterien (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 19.08.2015, 13 A 1725/14, Rn. 46). Damit wäre eine Annahme, dass es auf den Beginn des Verwaltungsverfahrens ankommt, nicht zu vereinbaren. Zudem ist nach der bisherigen ständigen Rechtsprechung ein Krankenhaus dann als leistungsfähig anzusehen, wenn sein Leistungsangebot die Anforderungen nach dem Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft an ein Krankenhaus der betreffenden Art füllt (u. a. BVerwG, Urt. v. 16.01.1986, 3 C 37/83, Rn. 66; BVerwG, Urt. v. 18.12.1986, 3 C 67/85, Rn. 69; BVerwG, Urt. v. 25.03.1993, 3 C 69/90, Rn. 34; BVerfG, Beschl. v. 12.06.1990, 1 BvR 355/86, Rn. 72). Mindestvorgaben stehen damit nicht zur Disposition des Krankenhausplanes. Mithin kann es sein, dass gut gemeinte, aber nicht belegbare Kriterien schlussendlich nicht relevant sein dürfen, wie auch für Auswahlkriterien noch nicht entschieden ist, dass diese unabhängig von empirischer Evidenz für die Qualität als entscheidend angesehen werden dürfen.

Gewiss ist die Rechtsprechung Änderungen unterworfen und die zuständigen Kammern der Verwaltungsgerichte in NRW weisen ein sehr unterschiedliches und differenziertes Verhältnis zur höchstrichterlichen Rechtsprechung in Krankenhausplanungsangelegenheit auf. Nicht jede Aussage des Bundesverwaltungsgerichtes mag also Berücksichtigung finden, wie aber auch Fortentwicklungen möglich sind, wenn z. B. eine Übernahme der Maßgaben des BSG für Qualitätsvorgaben vorgenommen würde. Zudem zeigen auch die Handreichungen des MAGS, dass Konkretisierungen und Anpassungen nachfolgend noch stattfinden können und mitunter Absichtserklärungen genügen können. Gerade der Bereich der Versorgungs- und Kooperationsverträge eröffnet dabei ein weites Feld, um den Qualitätsvorgaben und Verfüg-barkeiten zum Wohle der Patientenversorgung zu generieren. Stärke und Qualität folgt dann aus Netzwerken, mittels denen medizinische Kompetenz unter Vermeidung überflüssiger Doppelung vielen Patienten zugutekommen kann. Hier lässt der Krankenhausplan viele gute Gestaltungsmöglichkeiten.

Mithin ist aus rechtlicher Sicht der 17.11.2022 nicht die Deadline, sondern der Startschuss für einen – durchaus diskursiven – Prozess, die Maßgaben des Krankenhausplanes 2022 schlussendlich zu erfüllen.

Prof. Dr. Andreas Penner
Rechtsanwalt