Krankenhausapotheken § 129a SGB V: SG Aachen verneint Erstattung von Umsatzsteuer auf Fertigarzneimittel

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Krankenhausapotheken § 129a SGB V: SG Aachen verneint Erstattung von Umsatzsteuer auf Fertigarzneimittel

Bekannterweise vertreten die VdEK-Kassen die Auffassung, dass Fertigarzneimittel (FAM) zwingend mit einem ermäßigten Umsatzsteuersatz zu veranlagen seien. Deswegen forderten VdEK-Kassen Ende 2019 flächendeckend von Krankenhäusern im gesamten Bundesgebiet die Zahlung von 12% auf die FAM-Umsätze von 2009 bis 2018 zurück und drohten Klagen an. Klagen konnte nur entgehen, wer eine zugunsten der Kassen präjudizierende und einseitig zum Nachteil der Krankenhäuser ausgestaltete Verjährungsverzichtserklärung unterzeichnete. Der Abschluss ausgewogener Verzichtserklärungen, wie sie in den Jahren vorher für die Umsatzsteuerbefreiung bei Zytostatika gängig waren und von allen anderen Kassen auch für die FAM akzeptiert wurden, hatte der VdEK abgelehnt. Dementsprechend kam es nachfolgend zu flächenhaften Klageerhebungen. Dem Vernehmen nach ist eine dreistellige Zahl von Krankenhäusern verklagt worden. Die geltend gemachten Beträge erreichen häufig einen siebenstelligen Bereich.

Auch wenn die Klageerhebungen nun schon länger zurückliegen, gibt es nur wenige Entscheidungen zur Problematik. Einen Kernpunkt der Problematik hatte aber bereits das LSG Baden-Württemberg mit Urteil vom 09.12.2020, L 5 KR 2614/17, beschieden (NZB anhängig unter BSG B 1 KR 5/21 R). Dabei geht es um die Frage, ob es bereits als geklärt gelten kann, dass auf der Grundlage des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchstabe a Satz 3 UStG der ermäßigte Umsatzsteuersatz anzuwenden ist. Hierfür ist unter der ersten Voraussetzung der Gemeinnützigkeit eines Krankenhauses im Sinne des § 67 AO zu klären, ob die FAM-Umsätze dem sog. Zweckbetrieb zuzuschlagen sind und damit in die gemeinnützige Beförderung durch Steuerermäßigungen kommen könnten. Das ist aus vielerlei Gründen zweifelhaft, u. a. weil die Zuordnung dieser – vereinfacht gesagt – „freiwilligen“ Umsätze zu einem Pflicht-Versorgungsauftrag nicht zwingend ist und mangels Pflicht die Zuordnung zum Zweckbetrieb scheitern kann. Weiterhin ist es fraglich, ob nicht u. U. die Umsätze infolge der ohnehin schon expansiven Interpretation des BFH zu sog. eng verbundenen Umsätzen im Sinne des § 4 Nr. 14 Buchstabe b Satz 1 UStG dieser Kategorie zugeschlagen würden mit der Konsequenz der Umsatzsteuerfreiheit. Diese Umsatzsteuerfreiheit würde dann der Ermäßigung vorgehen. Schließlich ist es fraglich, ob bei Ausschluss der Umsatzsteuerfreiheit und Zuordnung zu einem Zweckbetrieb angesichts der Nichtigkeit des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchstabe a Satz 1 UStG i.V.m. der engen Auslegung dessen nachfolgenden Satz 3 das Vorliegen für die Steuerermäßigung zu verneinen ist. Hier ist problematisch, ob die Annahme der Umsatzsteuerermäßigung nicht als Verletzung des europarechtlichen Gebotes der Wettbewerbsneutralität zu betrachten ist. Denn im Rahmen der Funktion für Arzneimittelversorgung von Krankenhäusern können auch Offizinapotheken tätig werden, die dann dem vollen Steuersatz unterliegen.

In diesem Punkt hatte des LSG Baden-Württemberg zutreffend entschieden, dass noch nichts ausreichend geklärt ist. Dann müsse sich ein Krankenhaus auch nicht darauf verpflichten lassen, Umsatzsteueranteile zu erstatten. Dadurch sind die Krankenhäuser zutreffend vor den gravierenden Risiken bewahrt worden, die aus einer Rückabwicklung vor endgültiger Klärung der steuerlichen Fragen folgen.

In diesem Kontext hat sich das SG Aachen nun mit weiteren Punkten auseinandergesetzt. Diese folgen aus spezifischen Regelungen, die im Rheinland auf Vertragsfassungen fußen, die unter Unterstützung des Krankenhauszweckverbandes Rheinland ausgehandelt wurden. Diese Vertragsfassungen hängen mit dem ersten großen Umsatzsteuerstreit zusammen, der Frage der Umsatzsteuerfreiheit für Zubereitungen (s. z. B. hier). Angesichts dieser Streitigkeit waren mit Wirkung zum 1.4.2017 Verträge verhandelt worden, die zur Prävention weiterer Umsatzsteuerstreitigkeiten spezielle Klauseln für die Fälle unklarer Umsatzsteueranwendungen enthielten. Zudem waren nach dieser Neufassung der Verträge Vergleiche verhandelt worden, die eine Kompletterledigung von Umsatzsteuerstreitigkeiten für den vorherigen Zeitraum zum Gegenstand hatten. Damit konnte eine abschließende Klärung für die Vergangenheit und eine Vereinfachung für die Zukunft erreicht werden. Hierzu hatte indes der VdEK die Auffassung vertreten, dass er sich die Vergleiche nicht entgegenhalten lassen müsse und die Umsatzsteuerklauseln in den verhandelten Verträgen im Ergebnis nicht zu beachten wären. Dem ist man unter Hinweis auf die Vertragsbindung jeweils entgegengetreten.

Das SG Aachen hat die Vertragsbindung und Vertragsauslegung bestätigt und sich den Erwägungen des LSG Baden-Württemberg angeschlossen. Der in Rede stehende Vergleich ist auf sämtliche Umsätze und sämtlichen Umsatzsteuerfragen ausgerichtet. Dem Vertrag nach besteht sodann aktuell kein Anspruch, weil der Vertrag an die Veranlagung im Umsatzsteuerschuldverhältnis bindet. Im Einzelnen ist auf die Entscheidungsgründe zu verweisen, die Sie hier finden.

 

Dr. Andreas Penner
Rechtsanwalt