Heilmittelwerberecht: Erhöhte Darlegungsanforderungen an einen Unterlassungsanspruch

Heilmittelwerberecht: Erhöhte Darlegungsanforderungen an einen Unterlassungsanspruch

Das OLG Frankfurt hatte in seinem Beschluss vom 07.03.2019 (Az.: 6 W 17/91) (hier abrufbar) im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes über die von dem Antragsteller begehrten Unterlassungsansprüche zu entscheiden. Im Rahmen dieser Entscheidung modifizierte das OLG bisher sehr strikte Anforderungen, welche werbende Informationen über Innovationen erschwerten. Mit der Auffassung des OLG wird demgegenüber eine abgewogenere Linie zwischen Anspruch auf Information und Schutz vor Irreführung gefunden.

I. Der Fall

Der Antragsteller wandte sich  gegen mehrere Werbeaussagen der Antragsgegnerin, mit welchen sie eine Magnetfeldtherapie beworben hatte. Als Anwendungsgebiet für die Magnetfeldtherapie gab die Antragsgegnerin unteranderem die Behandlung von Osteoporose an. Die Antragstellerin sah hierin eine Irreführung, da der Magnetfeldtherapie eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen beigelegt wurden, die sie nicht habe. Sie stützte sich hierauf auf mehrere Gutachten sowie einem Handbuch der Stiftung Warentest.

II. Entscheidungsgründe

Das Gericht verneinte das Bestehen von Unterlassungsansprüchen, da der Antragsteller die Voraussetzungen für eine Irreführung nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 HWG, auf welche er die Ansprüche gestützt hatte, nicht hinreichend dargelegt habe. Nach dieser Vorschrift ist eine Werbung unzulässig, wenn medizinischen Behandlungen Wirkungen beigelegt werden, die sie nicht haben. Hierbei sind zum Schutz des Einzelnen sowie der Bevölkerung hohe Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Werbeaussage zu stellen. Ausgehend von diesem Maßstab muss der Antragsteller demnach darlegen und glaubhaft machen, dass es der beworbenen Behandlung entweder für jede denkbare Indikation oder für die konkret beworbenen Anwendungsgebiete an einer tragfähigen wissenschaftlichen Grundlage fehlt.

1. Keine Darlegung der generellen Unwirksamkeit

Der Antragsteller habe insoweit nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht, dass es der Magnetfeldtherapie als solche generell für jede denkbare Indikation an einer tragfähigen wissenschaftlichen Grundlage fehle. Hierfür reichen Hinweise darauf, dass der menschliche Körper nicht magnetisch sei und deshalb nicht mit Magnetfeldern interagieren könne, nicht aus. Dies gelte gleichermaßen für den medizinhistorischen Vortrag zu betrügerischen Therapieangeboten in frühen Jahrhunderten.

Nichts anderes gelte für das vorgelegte Handbuch sowie Gutachten. Diesbezüglich könne dem Handbuch der Stiftung Warentest entnommen werden, dass Krankenkassen die Kosten einer speziellen ambulanten Magnetfeldtherapie bei schlecht heilenden Brüchen übernehmen. Auch habe die Stiftung Warentest in einer anderen Veröffentlichung darauf hingewiesen, dass eine Magnetfeldtherapie bei einer Osteoporose zumindest zeitweilig den Knochenaufbau fördern könne. Des Weiteren gaben die vorgelegten Gutachten an, dass die Magnettherapie bei chronisch venösen Unterschenkelgeschwüren wie auch bei der Linderung von Schmerzzuständen eine geeignete Therapie sein könnte. Demnach könne das Gericht aus dem Vortrag keine hinreichende Rückschlüsse auf eine generelle Unwirksamkeit der Magnetfeldtherapie ziehen.

2. Keine Darlegung der indikationsbezogenen Unwirksamkeit

Fehlt es an der Darlegung der generellen Unwirksamkeit, so müsse der Antragsteller die Unwirksamkeit der konkret beworbenen Wirkungsaussagen darlegen. Hierzu müsse der Antragsteller angeben, welche konkreten Angaben aus seinen vorgelegten Glaubhaftmachungsmitteln auf die mangelnde wissenschaftliche Absicherung der einzeln beworbenen Wirkungsaussagen hindeuten. Das Heraussuchen und Abgleichen der Aussagen mit den vorgelegten Studien nicht Aufgabe des Gerichts. In diesem Fall habe der Antragsteller die Aussagen aus seinen vorgelegten Veröffentlichungen und Gutachten nicht in Bezug zu den von ihm angegriffenen Wirkungsaussagen des Antragsgegners gesetzt.

III. Einordnung

Das OLG Frankfurt geht in seiner Entscheidung von dem Grundsatz aus, dass der Anspruchsteller, der einen Unterlassungsanspruch gegen Werbeaussagen von Heilmitteln begehrt, die notwendigen Tatsachengrundlagen für die fehlende wissenschaftliche Absicherung beibringen und darlegen muss. Gelingt ihm dies, so muss der Werbende sodann den Nachweis führen, dass seine beworbenen Aussagen wissenschaftlich abgesichert und zudem in der Fachliteratur nicht umstritten sind.

Die Rechtsprechung hat regelmäßig sehr geringe Anforderungen an den erforderlichen Vortrag des Anspruchsstellers gestellt. Dies hat in der Praxis faktisch dazu geführt, dass stets der Werbende die wissenschaftliche Studien beibringen sowie die wissenschaftliche Absicherung seiner Werbeaussagen darlegen musste. Eine Aufgabe, die nach dem eingangs dargestellten Grundsatz grundsätzlich dem Anspruchsteller obliegen sollte. Diese Rechtsprechung führte besonders im Bereich der Außenseitermethoden zu Problemen, da der Werbende zusätzlich nachweisen muss, dass seine beworbene Behandlung in der Fachliteratur nicht umstritten ist. Dies ist im Bereich der Außenseitermethoden schwer möglich.

IV. Fazit und Handlungsempfehlung

Die Entscheidung des OLG Frankfurt ist begrüßenswert, da die prozessualen Grundsätze hinsichtlich der Darlegungslast konsequent angewendet werden. Die ansonsten geringen Anforderungen an die Darlegung anderer Gerichte im Bereich der Heilmittelwerbung mag seinen Grund primär darin gehabt haben, dass der Adressatenkreis der Werbung geschützt werden sollte. Dieser Schutzgedanke ist allerdings in seinen prozessualen Wirkungen soweit getrieben worden, dass der Schutz vor irreführende Werbung in einen Schutz vor Werbung zu kippen drohte. Dies ist aber nicht indes die Aufgabe des Wettbewerbsrechts. Dieses soll eine sachgerechte Information gewährleisten, diese aber nicht faktisch unmöglich machen mit der Folge, dass für Innovationen nur noch sehr eingeschränkt geworben werden kann. Demgegenüber findet das OLG Frankfurt zu einem deutlich ausgewogeneren Verhältnis zwischen berechtigten Möglichkeiten auf Information auch über Innovationen und dem Schutz vor Irreführung.

In der Praxis stellt die Entscheidung für den Werbenden im Bereich des einstweiligen Rechtsschutzes eine dar, so auch die anderen Oberlandesgerichte dem folgen, die hier jeweils in ihrem Zuständigkeitsbereich in Eilverfahren jeweils das letzte Wort haben. Es kann nunmehr primär geprüft werden, ob der Anspruchsteller die erforderlichen wissenschaftlichen Nachweise in Form von Studien beigebracht und anhand dieser die fehlende Wirksamkeit der eigenen Werbeaussagen dargelegt hat. Bereits dies kann zu der Abwehr eines Unterlassungsanspruches genügen.

 

Benjamin Fischer                                     Dr. Andreas Penner
Rechtsanwalt                                            Rechtsanwalt