Festsetzung der neuen Prüfverfahrensvereinbarung 2021
Die neue Prüfverfahrensvereinbarung ist am 22.06.2021 durch die Schiedsstelle Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Deutsche Krankenhausgesellschaft festgesetzt worden. Den Beschluss der Schiedsstelle finden Sie hier.
Die mit der Aktualisierung einhergehenden Änderungen und Neuerungen erfordern eine Anpassung der Erlössicherungsprozesse im Krankenhaus, um die gesetzlichen Vergütungen zu realisieren. Die weitreichendsten neuen Regelungen dürften das Aufrechnungsverbot der Krankenkassen, das Rechnungskorrekturverbot für Krankenhäuser und die Regelungen zur Einzelfallerörterung sein.
Im Lichte dieser neuen Vorgaben ist es von Bedeutung, dass
- die Rechnung von Anfang an korrekt kodiert wird, da nachträgliche Änderungen nicht mehr möglich sind. Eine Rechnungskontrolle vor Rechnungslegung gewinnt an Bedeutung, selbst wenn dies mit Zeitverzug verbunden ist und
- in einem MD-Prüfverfahren sichergestellt und beweisbar ist, dass die komplette Patientendokumentation dem MD fristgerecht übermittelt wird. Es können künftig nach den Maßgaben der neuen PrüfvV weder im Erörterungsverfahren, noch im Klageverfahren vor dem SG Unterlagen nachgereicht werden. Angesichts dessen ist u.E. eine Selektion von Unterlagen vor der Übergabe an den MD nicht zielführend.
Hier die wichtigsten Eckpunkte der neuen PrüfvV:
- Der Anwendungsbereich bleibt beschränkt auf Auffälligkeitsprüfungen nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 und § 275c Abs 1 SGB V. Weiterhin keine Geltung für Entbindungs- und ambulante Fälle, tagesbezogene Pflegeentgelte und Strukturmerkmale, § 2.
- Die Frist zur Einleitung des Prüfverfahrens beträgt 4 Monate ab Übermittlung des Datensatzes, § 6 Abs. 1.
- Den MD hat die Kasse im Falle der Direktbeauftragung innerhalb der 4-Monatsfrist nach Übertragung des Datensatzes einzuschalten, § 6 Abs. 1.
- Vom MD angeforderte Unterlagen müssen konkret bezeichnet werden. Das KH muss diese Unterlagen innerhalb von 8 Wochen übermitteln. Dabei handelt es sich um eine Ausschlussfrist; das heißt der MD entscheidet nur auf Grundlage der fristgerecht übermittelten Unterlagen. Nachlieferungen sind innerhalb von 3 Wochen nach fristgerechter Ankündigung und Zahlung von 300 EUR möglich, § 7 Abs. 2.
- Der Ausschluss nicht fristgerecht übermittelter Unterlagen schlägt in das Erörterungsverfahren durch. Das bedeutet, dass diese auch nicht ergänzend im Erörterungsverfahren vorgelegt und verwertet werden dürfen. Daraus folgt wiederum der Ausschluss der Verwendung der Unterlagen in einem anschließenden Gerichtsverfahren. Übermittelt das KH gar keine Unterlagen, gilt der Fall als erörtert, § 7 Abs. 2 Satz 11.
- Die Leistungsentscheidung der Kasse muss innerhalb von 9 Monaten nach Übermittlung der Prüfanzeige erfolgen, § 9.
- Das Erörterungsverfahren ist Zulässigkeitsvoraussetzung für eine eventuell anschließendes Klageverfahren.
- Das Krankenhaus muss innerhalb von 6 Wochen nach Zugang der Leistungsentscheidung das Ergebnis des MD begründet bestreiten.
- Die Kasse muss innerhalb weiterer 6 Wochen entscheiden, ob Sie dem Bestreiten stattgibt oder dieses ablehnt.
- Im Falle der Ablehnung ist das Erörterungsverfahren innerhalb von 12 Wochen mündlich oder schriftlich durchzuführen.
- Der ganze Vorgang des Erörterungsverfahrens ist umfassend gemäß den Vorgaben des § 10 zu dokumentieren.
- Rechnungskorrekturen des Krankenhauses sind nur noch im Rahmen der abschließend aufgezählten Tatbestände des § 11 Abs. 1 und 2 zulässig. Damit ist die bislang mögliche nachträgliche Rechnungskorrektur im Geschäftsjahr nach der Rechnungslegung ausgeschlossen. Eine Nachkodierung oder sonstige Änderung der übermittelten Rechnung ist bis auf die genannten Ausnahmen nicht mehr möglich, § 11 Abs. 1 bis 3.
- Die Krankenkasse darf nur noch unbestrittene, geeinte oder gerichtlich festgestellt Erstattungsforderungen verrechnen. Ansonsten ist ihr die Verrechnung untersagt, § 11 Abs. 4.
- Kollidierende Regelungen in Sicherstellungsverträgen sind nichtig, § 13.
- Die Vereinbarung tritt zum 01.01.2022 für Patienten in Kraft, die ab diesem Zeitpunkt aufgenommen werden, § 14 Abs. 1.
Speziell die die Vorgaben zur Einzelfallerörterung werden wir auch auf unserer Seite weitergehend auswerten und Sie informieren. Gerne unterstützen und entlasten wir Sie auch im diesem Rahmen bei der Umsetzung im Vorfeld der gerichtlichen Auseinandersetzung.
André Bohmeier
Rechtsanwalt