Rechtswidrigkeit zahlenmäßiger Beschränkungen von Vorbereitungsassistenten im Zahnarzt-MVZ

Rechtswidrigkeit zahlenmäßiger Beschränkungen von Vorbereitungsassistenten im Zahnarzt-MVZ

I. Vorbereitungsassistenten in MVZ – Ausgangspunkt und Empfehlung

Teilweise – je nach zuständiger Kassenzahnärztlicher Vereinigung (KZV) – wird in MVZ eine Vollzeit-Anstellung nur eines Vorbereitungsassistenten genehmigt.
Den hiervon betroffenen MVZ ist zu empfehlen, entweder die Stelle aufzuteilen – 2 x 50%, dies wird häufig behördlich akzeptiert und ist regelmäßig zweckmäßig – und die weitere Rechtsentwicklung (s.u.) abzuwarten oder ein sozialgerichtliches Verfahren mit dem Ziel „Sprungrevision zum BSG“ zu verfolgen, um gegen die restriktive Rechtsauffassung der jeweils zuständigen KZV gerichtlich vorzugehen. Bei drohendem Verlust eines „beschäftigungswilligen“ Vorbereitungsassistenten ist ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren zweckmäßig, um den Interessenten möglichst zeitnah im MVZ unterbringen zu können.
Wir bewerten die Erfolgsaussichten gerichtlichen Vorgehens gegen die restriktive Verwaltungspraxis, prinzipiell nur einen Vorbereitungsassistenten im MVZ zu genehmigen, positiv: Die Frage, wie die Beschäftigung von Vorbereitungsassistenten in Zahnarzt-MVZ aus vertragszahnarztrechtlicher Sicht zu „behandeln“ ist, haben die Instanzgerichte – genauso wie die KZVn – bisher unterschiedlich bewertet. Die Klärung der Rechtsfrage durch das BSG steht noch aus, die Instanzgerichte äußern unterschiedliche Rechtsmeinungen. Grundsätzlich spricht viel dagegen, angestellten Zahnärzten in MVZ per se die „Ausbildungsfähigkeit“ abzusprechen, wie unterschiedliche KZVn dies bisher handhabten. Das Kriterium Anstellung / Nichtanstellung eines Zahnarztes ist als Abgrenzungskriterium für die (zahlenmäßige) Zuordnung von Vorbereitungsassistenten zu MVZ-Zahnärzten nicht geeignet und eine entsprechend restriktive Verwaltung verletzt jedenfalls die betroffenen Vorbereitungsassistenten in ihrer Berufsausübungsfreiheit. Im Ergebnis müssen schon im Hinblick auf den Gesetzesvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG Berufsausübungsgemeinschaften (BAG), Einzelzahnärzte und MVZ dahingehend gleichbehandelt werden, dass jeder in Vollzeit vertragszahnärztlich tätige, grundsätzlich zulassungsfähige Zahnarzt – unabhängig von seinem „Zulassungsstatus“ (genehmigte Anstellung oder Zulassung) zwei Vollzeit-Vorbereitungsassistenten ausbilden darf.

II. Gesetzliche Ausgangslage

Die Beschäftigung von Vorbereitungsassistenten im MVZ ist durch die nachfolgenden Gesetze geregelt: Das SGB V regelt zum Vorbereitungsassistenten in § 85 Abs. 4b) SGB V lediglich, dass sich die Punktmengen um 25 vom Hundert für Vorbereitungsassistenten erhöhen. Ferner ist die Entsprechungsklausel des § 72 Abs. 1 SGB V zu beachten, welche die Geltung der Regelungen für Vertrags(zahn)ärzte auch für MVZ – soweit nichts Abweichendes bestimmt ist – vorgibt und im Grundsatz eine Gleichstellung von angestellter und freiberuflicher Tätigkeit im Vertragszahnarztwesen vorgibt. Soweit § 81 SGB V dies erlaubt, können die KZVn für ihre Mitglieder materielles Recht setzen (etwa durch Assistentenrichtlinien), allerdings dürfen solche Regelungen immer nur in den Grenzen des höherrangigen Rechts getroffen werden (allgemeiner Rechtsgrundsatz, Art. 20 Abs. 3 GG).

Die Zahnärzte-Zulassungsverordnung (ZÄ-ZV – kein formelles Gesetz im Sinne von Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG) verhält sich zum Thema Vorbereitungsassistenten wie folgt:

§ 32 Abs. 2 Satz 1 Zahnärzte-Zulassungsverordnung (ZÄ-ZV) regelt:

Die Beschäftigung eines Assistenten nach § 3 Abs. 3 bedarf der Genehmigung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung.

Rechtsstreitigkeiten entstehen in diesem Kontext also durch Versagungen weiterer Anstellungsgenehmigungen wegen Vorbereitungsassistenten im MVZ neben einem bzw. zwei bereits vorhandenen Vorbereitungsassistenten durch die zuständige KZV.

§ 3 Abs. 3 ZÄ-ZV regelt:

Die Vorbereitung muss eine mindestens sechsmonatige Tätigkeit als Assistent oder Vertreter eines oder mehrerer Kassenzahnärzte umfassen; eine Tätigkeit als Vertreter darf nur anerkannt werden, wenn der Zahnarzt eine vorausgegangene mindestens einjährige Tätigkeit in unselbständiger Stellung als Assistent eines Kassenzahnarztes oder in Einrichtungen nach Satz 2 nachweisen kann. Für die übrige Zeit kann die Vorbereitung durch Tätigkeiten in unselbständiger Stellung in Universitätszahnkliniken, Zahnstationen eines Krankenhauses oder des öffentlichen Gesundheitsdienstes oder der Bundeswehr oder in Zahnkliniken abgeleistet werden. Bis zu drei Monaten der Vorbereitung nach Satz 1 können durch eine Tätigkeit von gleicher Dauer in einer Universitätszahnklinik oder einer Zahnstation der Bundeswehr ersetzt werden.

§ 1 Abs. 3 ZÄ-ZV regelt:

Diese Verordnung gilt für medizinische Versorgungszentren und die dort und bei Vertragszahnärzten angestellten Zahnärzte entsprechend.

Der Verordnungsgeber wollte mit § 1 Abs. 3 ZÄ-ZV klarstellen, dass die Zahnärzte-ZV auch für die MVZ und die dort angestellten Zahnärzte entsprechend gilt (vgl. BT-Drs. 15/1525, S. 159).

Ergänzend ist festzuhalten, dass gem. § 9 Abs. 3 Satz 5 BMV-Z (Bundesmantelvertrag Zahnärzte – Stand 16. Juli 2018) ein Vertragszahnarzt zwei in Vollzeit oder vier in Teilzeit beschäftigte Zahnärzte anstellen kann, ohne dass seine Leistungen sein „persönliches Gepräge“ verlieren (Überwachung und Aufsicht sind also möglich).

III. Unterschiedliche Verwaltungspraxis und divergierende Rechtsprechung

Die Verwaltungspraxis einzelner KZVn wegen der Anzahl und des zulässigen Beschäftigungsumfangs von Vorbereitungsassistenten in MVZ sind unterschiedlich. Auf der Grundlage von durch die KZVn selbst erlassene „Assistentenrichtlinien“ wurden bislang zumindest ein Vollzeit-Assistent bzw. zwei teilzeitbeschäftigte Vorbereitungsassistenten (a 50%) im MVZ genehmigt (so etwa die KZV Nordrhein nach bisheriger Verwaltungspraxis). Die Instanzgerichte haben die Rechtslage unterschiedlich beurteilt:

1. SG Düsseldorf – S 2 KA 76/17 ER

Mit Beschluss vom 16.05.2017 hat die zweite Kammer des SG Düsseldorf entschieden, dass allein die in dem MVZ als Vertragszahnärzte tätigen Zahnärzte dem Grunde nach in Betracht kommen, jeweils einen Vorbereitungsassistenten auszubilden (SG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Mai 2017 – S 2 KA 76/17 ER –, Rn. 36, juris). Die notwendige Ausbildereignung komme lediglich Praxisinhabern bzw. in MVZ den im Status der Zulassung tätigen Vertragszahnärzte zu (SG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Mai 2017 – S 2 KA 76/17 ER –, Rn. 32, juris). Nur diese Personen böten die Gewähr, die spezifisch vertragszahnärztlichen Belange in die Ausbildung im Rahmen der Vorbereitungszeit einzubringen. Angestellte Zahnärzte erfüllten die notwendige Eignung nicht.

Zur Begründung führt das Gericht im Wesentlichen aus:

Die zahnärztliche Vorbereitungsassistenz diene Ausbildungszwecken im Rahmen des vertragszahnärztlichen Systems. Für Zahnärzte habe der Gesetzgeber an der zweijährigen Vorbereitungszeit als Zulassungsvoraussetzung festgehalten (§ 95 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB V, § 3 Abs. 2 lit. b Zahnärzte-ZV). Zwar seien von der zweijährigen Vorbereitungszeit nur sechs Monate bei einem Vertragszahnarzt abzuleisten (§ 3 Abs. 3 Satz 1 Zahnärzte-ZV), und auch hiervon könnten noch drei Monate durch eine Tätigkeit bei einer Universitätszahnklinik ersetzt werden. Würde damit der Rechtsgrund des größeren Teils der geforderten Vorbereitung auch nicht von einem spezifisch vertragszahnärztlichen Aspekt, sondern vom übergreifenden Aspekt einer zusätzlichen praktischen Ausbildung getragen, so ginge der Gesetzgeber davon aus, dass die zahnärztliche Universitätsausbildung weniger praxisbezogen ausgerichtet ist und es im Interesse des Gemeinwohls – und damit auch des vertragszahnärztlichen Systems – liege, eine längere praktische Vorbereitungszeit zu fordern. Speziell mit der Vorbereitung nach § 3 Abs. 3 Satz 1 Zahnärzte-ZV solle sichergestellt werden, dass der Zahnarzt die Bedingungen und Erfordernisse der Erbringung vertragszahnärztlicher Leistungen in eigener Tätigkeit in der Praxis eines niedergelassenen Vertragszahnarztes kennengelernt hat, ehe er selbst als Vertragszahnarzt in eigener Praxis zugelassen werden kann. Diese Aspekte seien auch der Richtlinien der Antragsgegnerin für die Beschäftigung von zahnärztlichen Assistenten (Rhein. Zahnärzteblatt 7/1989, S. 35 f.) zugrundeliegend. Nach deren Ziffer 2.3 sei der Praxisinhaber verpflichtet, den Vorbereitungsassistenten in praktischer zahnärztlicher Tätigkeit auf die Tätigkeit als frei praktizierender Kassenzahnarzt und auf die damit verbundenen zahnärztlichen Pflichten und Rechte vorzubereiten. Hierzu gehören auch die Abrechnungs- und Vertragskenntnisse, die ein frei praktizierender Kassenzahnarzt für seine Tätigkeit benötigte (SG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Mai 2017 – S 2 KA 76/17 ER –, Rn. 29 – 31, juris).
Mit dem gegenüber dem Praxisinhaber reduzierten Kreis von Rechten und Pflichten des angestellten Zahnarztes vertrage es sich nicht, dem angestellten Zahnarzt die Ausbildung eines Vorbereitungsassistenten zu gestatten. Angestellte rechneten nicht selbst gegenüber der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung ab, trügen nicht das wirtschaftliche Risiko ihrer zahnärztlichen Tätigkeit und seien für die Wahrnehmung des Versorgungsauftrages nur arbeits- und ggf. disziplinarrechtlich (§§ 77 Abs. 3, 81 Abs. 5 SGB V), nicht aber persönlich verantwortlich. § 32 Abs. 4 Zahnärzte-ZV sehe ferner ausdrücklich vor, dass der „Vertragszahnarzt“, also der Praxisinhaber und damit Träger aller Rechte und Pflichten, Assistenten zur Erfüllung der vertragszahnärztlichen Pflichten anzuhalten habe. Für eine den Wortlaut übersteigende Auslegung bestünde keine Veranlassung. Den dem Verfahren zugrundeliegenden Eilantrag auf Anstellung eines weiteren Vorbereitungsassistenten neben einem bereits in Vollzeit tätigen Assistenten lehnte das SG Düsseldorf folgerichtig ab.

2. LSG Nordrhein-Westfalen – L 11 KA 33/17 B ER

Unter dem vorgenannten Aktenzeichen hat das LSG Nordrhein-Westfalen anschließend an den Beschluss des SG Düsseldorf im Beschwerdeverfahren nach erfolgter Erledigungserklärung der Antragsteller über die Verfahrenskosten nach billigem Ermessen entschieden. Die Kosten wurden den Antragstellern (hier: dem MVZ, als Antragsteller zu 1) und der anzustellenden Zahnärztin, Antragstellerin zu 2)) unter Berufung auf das im einstweiligen Rechtsschutzverfahren notwendige wie vorliegend fehlende Eilbedürfnis (sog. Anordnungsgrund) auferlegt. Das Gericht ließ es sich aber nicht nehmen, auch etwas zur materiellen Rechtsfindung beizutragen. Mit Verfügung vom 21.11.2017 schrieb der Senatsvorsitzende die Beteiligten wie folgt an, was im Sachverhaltsteil der Entscheidung über die Kosten entsprechend vermerkt wurde:
„Das Sozialgericht hat im angefochtenen Beschluss u.a. ausgeführt: ´Mit der Genehmigung der Beschäftigung des Vorbereitungsassistenten I bis zum 31.10.2017 ist das Kontingent an Vorbereitungsassistenten für die Antragstellerin zu 1) somit gegenwärtig ausgeschöpft.´ Sollte Herr I nicht mehr beschäftigt sein, wäre das Kontingent nicht ´erschöpft´. Die Antragstellerin zu 2) könnte als Vorbereitungsassistentin tätig werden. Für diesen Fall bestünde kein Rechtsschutzbedürfnis mehr. Das Beschwerdeverfahren sollte dann für erledigt erklärt werden. Im Übrigen erlaube ich mir nochmals den Hinweis, dass ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht ist. Die Darlegungen im Schriftsatz vom 14.09.2017 vermögen hieran nichts zu ändern, denn nach derzeitiger Einschätzung besteht überwiegend wahrscheinlich kein Anordnungsanspruch.“

(Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Februar 2018 – L 11 KA 33/17 B ER –, Rn. 4 – 5, juris)

Einer inhaltlichen Begründung der gerichtlichen Einschätzung, dass überwiegend wahrscheinlich kein Anordnungsanspruch bestehe, bedurfte es aus rechtlichen Gründen nicht.

3. SG Marburg – S 12 KA 572/17

Das SG Marburg hat mit Urteil vom 31.01.2018 unter dem vorgenannten Aktenzeichen eine vom SG Düsseldorf (s.o.) abweichende Entscheidung getroffen und im Hinblick auf die abweichende Rechtsauffassung des SG Düsseldorf die Sprungrevision zum Bundessozialgericht zugelassen. Nach dem SG Marburg verstoßen „Assistentenrichtlinien“ der KZVen gegen höherrangiges Recht, wenn diese lediglich die Zuordnung von Vorbereitungsassistenten in MVZ ausschließlich zu zugelassenen Vertragszahnärzten oder die zahnärztlichen Leiter von MVZ erlaubten und die zulässige Zahl der Vorbereitungsassistenten in MVZ so erheblich beschränkten. Das SG Marburg führt hierzu aus:

Hätte der Gesetzgeber – wie es der Auffassung der Beklagten entspricht – an einer Beschränkung der Beschäftigung von Vorbereitungsassistenten auf Vertragszahnärzte festhalten bzw. diese Beschränkung lediglich auf den Leiter eines MVZ ausweiten wollen, hätte dies im Zusammenhang mit den Vorschriften über das MVZ ausdrücklich bestimmt werden müssen (vgl. BSG, Urt. v. 23.03.2011 – B 6 KA 15/10 R – SozR 4-2500 § 121 Nr. 6, juris Rdnr. 20 für Belegärzte). Bei der Beschränkung der Zahl der Vorbereitungsassistenten handelt es sich letztlich um eine Berufsausübungsregelung nach Art. 12 Abs. 1 GG, die einer gesetzlichen Grundlage bedarf, an der es vorliegend fehlt (SG Marburg, Urteil vom 31. Januar 2018 – S 12 KA 572/17 –, Rn. 30, juris).

Nach § 1 Abs. 3 ZÄ-ZV gelte die ZÄ-Zulassungsverordnung und damit auch § 32 Abs. 2 Satz 1 ZÄ-ZV für MVZ und die dort und bei Vertragszahnärzten angestellten Zahnärzte entsprechend. Der Verordnungsgeber habe damit klarzustellen versucht, dass die Zahnärzte-ZV auch für die MVZ und die dort angestellten Zahnärzte entsprechend gelte (vgl. BT-Drs. 15/1525, S. 159). Bei § 32 Abs. 2 Satz 1 Zahnärzte-ZV handele es sich um einen Rechtsanspruch des zahnärztlichen Leistungserbringers, der der Kassenzahnärztlichen Vereinigung weder einen Beurteilungs- noch einen Ermessensspielraum einräumte. Im Ergebnis bestehe nach aktueller Rechtslage die Möglichkeit, den „freien“ Beruf des Zahnarztes auch in Form einer Angestelltentätigkeit im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung auszuüben. Es handele sich um eine Frage der Berufspolitik, ob man diese Entwicklung für gut oder schlecht halten will. Jedenfalls könne anhand der aktuellen Rechtslage nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die Vorbereitungszeit ausschließlich dazu diene, den Zahnarzt auf die Tätigkeit in freier Niederlassung vorzubereiten. Auch in der vertragszahnärztlichen Versorgung stehe die Tätigkeit als angestellter Zahnarzt bei einem Vertragszahnarzt oder einem MVZ gleichberechtigt neben der Tätigkeit als Vertragszahnarzt, wenn auch nur der Vertragszahnarzt und das MVZ – nicht aber der angestellte Zahnarzt – Leistungserbringer nach § 95 Abs. 1 Satz 1 SGB V sei. Die Abrechnungsbefugnis eines Vertragszahnarztes und die damit korrespondierende persönliche Haftung im Außenverhältnis und die Weisungsbefugnis gegenüber angestellten Zahnärzten resultierten aus der Stellung als zugelassener Leistungserbringer nach § 95 Abs. 1 SGB V. Dieser Status komme aber auch einem MVZ zu. Eine zwingende Verknüpfung zwischen Selbständigkeit und Ausbildung sei nicht gegeben, insofern bestehen keine vertragszahnarztrechtlichen Besonderheiten gegenüber anderen Wirtschaftsbereichen, in denen angestellte Personen Dritte ausbilden.
Wörtlich wird ausgeführt:

Der angestellte Zahnarzt steht in fachlich-medizinischer Hinsicht als approbierter Zahnarzt, der seine Vorbereitungszeit absolviert hat, dem Vertragszahnarzt gleich und ist ebenso wie dieser als Mitglied der Kassenzahnärztlichen Vereinigung, soweit er mindestens halbtags beschäftigt ist (§ 77 Abs. 3 SGB V), an die vertragszahnärztlichen Abrechnungsbestimmungen und Vorgaben unmittelbar gebunden. Es ist daher kein Grund ersichtlich, weshalb ein angestellter Zahnarzt nicht in der Lage sein sollte, einem Vorbereitungsassistenten die spezifisch vertragszahnärztlichen Belange in die Ausbildung im Rahmen der Vorbereitungszeit nahezubringen (a. A. SG Düsseldorf, Beschl. v. 16.05.2017 – S 2 KA 76/17 ER – juris Rdnr. 32). (SG Marburg, Urteil vom 31. Januar 2018 – S 12 KA 572/17 –, Rn. 44, juris) [Anm. d Verfassers: 10 Stunden reichen nach § 77 Abs. 3 SGB V aktuell zur Mitgliedschaft bei der KV/KZV hin]

Damit obliege dem zahnärztlichen Leiter zwar die Überwachung der Ausbildung eines Vorbereitungsassistenten, die Ausbildung müsse aber nicht zwingend von ihm selbst vorgenommen werden. Soweit Missbrauchsmöglichkeiten bei einer Mehrzahl von Vorbereitungsassistenten gesehen würden, die in gleicher Weise bei Berufsausübungsgemeinschaften bestehen dürften, könne dem durch Zuordnung des Vorbereitungsassistenten zu einem bestimmten (angestellten) Zahnarzt des MVZ in der Genehmigung begegnet werden. Das Gesetz verlange ferner keine, über §§ 20, 21 Zahnärzte-ZV hinausgehende bestimmte Eignung des Zahnarztes im Sinne einer Ausbildungseignung.

4. Sprungrevisionsverfahren, BSG, 14. Juni 2018, B 6 KA 3/18 R

Die Revision ist zwischenzeitlich zurückgenommen worden, sodass die finale Klärung der Rechtsfrage der zulässigen Anzahl der Vorbereitungsassistenten im MVZ durch das BSG noch nicht konkret absehbar ist. Mit der Rechtsfrage befasste Gerichte werden aber die Sprungrevision auch zukünftig zulassen.

5. Aktualisierung der Assistentenrichtlinie durch die KZV Hessen

Die KZV Hessen (Zuständigkeitsbereich des SG Marburg) hat ihre Assistentenrichtlinie aktuell überarbeitet (vgl. die Richtlinien für die Beschäftigung von Assistenten und Vertretern im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung; im Internet abrufbar unter: https://www.kzvh.de/beruf/assistenten/index.html#). Dort heißt es unter Ziffer 2.1.1:

Anspruchsberechtigt für den Erhalt einer Genehmigung zur Beschäftigung eines Vorbereitungsassistenten ist der Vertragszahnarzt/der zahnärztliche Leiter eines Medizinischen Versorgungszentrums, der bereits mindestens 1 Jahr in eigener Praxis niedergelassen war oder nach Eintragung in das Zahnarztregister gemäß § 3 Abs. 2 bis 4 ZV-Z die Funktion als zahnärztlicher Leiter in einem MVZ ebenfalls für die Mindestdauer von 1 Jahr innehatte, oder in beiden Bereichen ein solches Jahr in Summe nachweisen kann, und bei dem die persönlichen und fachlichen Voraussetzungen zur Vermittlung berufspraktischer und -theoretischer Erfahrungen auf dem Gebiet vertragszahnärztlicher Tätigkeit vorliegen.

Den Antrag auf eine solche Genehmigung können die genannten Anspruchsteller auch für die Ableistung der Vorbereitungszeit unter Anleitung eines angestellten Zahnarztes stellen.

An einen angestellten Zahnarzt, dem der Vorbereitungsassistent zur Ableistung der Vorbereitungszeit persönlich innerhalb der Genehmigung zugewiesen wird, werden dieselben Voraussetzungen zur Anspruchsberechtigung gestellt, wie an die Antragsteller selbst.

Soweit ein Antrag für einen angestellten Zahnarzt gestellt wird, ist die Befugnis zur Anleitung für die Ausbildung des Anspruchstellers auf diesen zu übertragen. Die Aufsicht/Überwachung der Ausbildung des Vorbereitungsassistenten verbleibt hingegen beim Anspruchsteller.

Die Genehmigung ist an die Person des Anspruchstellers und des Vorbereitungsassistenten gebunden

Unter Ziffer 2.1.2 wird klargestellt:

Zur Sicherung des Vorbereitungszweckes darf in der Praxis eines niedergelassenen Zahnarztes/eines zugelassenen Medizinischen Versorgungszentrums jedem Vertragszahnarzt sowie angestelltem Zahnarzt nur je ein Vorbereitungsassistent zur Beschäftigung zugeordnet werden. Die Beschäftigung darf nur im Rahmen des genehmigten Versorgungsauftrags des Vertragszahnarztes erfolgen. Die Beschäftigung eines weiteren (Vorbereitungs-, Entlastungs- oder Weiterbildungs-)Assistenten ist nur in begründeten Fällen zulässig.
Dass man hier die Rechtsprechung des SG Marburg (vollständig) umgesetzt hätte, ist nicht ersichtlich: Der im MVZ angestellte Zahnarzt ist jedenfalls nicht anspruchsberechtigt, nur eingeschränkt ausbildungsberechtigt. Es folgt nicht aus jeder Angestelltenstelle oder zumindest jedem „qualifizierten“ MVZ-Angestellten parallel eine zusätzliche Anspruchsberechtigung des MVZ auf einen respektive zwei zusätzliche Vorbereitungsassistenten.
Wiederum „nur“ Vertragszahnärzte des MVZ und der zahnärztliche Leiter eines Medizinischen Versorgungszentrums sind anspruchsberechtigt, wenn sie mindestens 1 Jahr in eigener Praxis niedergelassen waren oder nach Eintragung in das Zahnarztregister gemäß § 3 Abs. 2 bis 4 ZV-Z die Funktion als zahnärztlicher Leiter in einem MVZ ebenfalls für die Mindestdauer von 1 Jahr innehatten, oder in beiden Bereichen (zahnärztliche Leitung eines MVZ oder Selbständigkeit) ein solches Jahr in Summe nachweisen können sowie persönlich „ausbildungsbefähigt“ sind. Dies beschränkt die Vorbereitungsassistenten in MVZ wiederum, weil eben nur die Vertragszahnärzte im MVZ und der zahnärztliche Leiter berechtigt sind, statt bei MVZ die Genehmigungsfähigkeit der Anzahl der Vorbereitungsassistenten von der Anzahl der im MVZ zahnärztlich tätigen, „ausbildungsbefähigten“ Zahnärzten insgesamt abhängig zu machen.

IV. Rechtliche Einschätzung

Letztlich wird das BSG die noch offene Rechtsfrage der zulässigen Anzahl der Vorbereitungsassistenten im MVZ entscheiden. Diesbezüglich hat es die Möglichkeit der Entscheidung des SG Marburg zu folgen und der verwaltungsseitigen Vermischung von Berufspolitik und MVZ-Zulassungsrecht eine Absage zu erteilen.
Gesetzlich ist nicht geregelt, ob ein Vertragszahnarzt oder ein MVZ mehr als einen Vorbereitungsassistenten beschäftigen darf. Die Formulierung „eines Assistenten“ in § 32 Abs. 2 Satz 1 ZÄ-ZV ist nicht als zahlenmäßige Begrenzung zu verstehen. Wäre der Wortlaut hier eng auszulegen, dürften auch keine zwei Halbtags-Assistenten genehmigt werden. Die Formulierung „eines Vorbereitungsassistenten“ lässt offen, ob der Terminus „eines“ im Sinne eines unbestimmten Artikels zu verstehen ist (Schallen, Zulassungsverordnung, 8. Auflage 2012, § 32 ZÄ-ZV, Rn. 8). So sehen das auch andere Behörden, sodass etwa in Bayern zwei Vorbereitungsassistenten in Vollzeit genehmigungsfähig sind (bestätigt von SG München, Urteil vom 20. Januar 2016 – S 20 KA 5004/14 –, juris). Weder das SGB V bzw. die ZÄ-ZV noch der BMV-Z enthalten eine explizite Regelung, die die Anstellungen von Vorbereitungsassistenten in MVZ begrenzen. Allenfalls ist prinzipiell auf die Wertung des § 9 BMV-Z (vormals § 4 Abs. 1 BMV-Z) zu verweisen, der für niedergelassene Zahnärzte die Anstellungsmöglichkeiten auf zwei Vollzeit-Zahnärzte für jeden niedergelassenen Zahnarzt begrenzt. Entsprechend dieser Wertung kann allenfalls eine Begrenzung der Anstellung von Vorbereitungsassistenten im selben Umfang zulässig sein, sodass ein niedergelassener Zahnarzt gesetzlich zwei Vollzeit-Vorbereitungsassistenten beschäftigen darf. Etwas anderes folgt auch nicht aus § 85 Abs. 4b S. 4 SGB V betreffend die eingeschränkte Gesamtpunktmengenerhöhung bei Assistenten wegen der notwendigen Ausbildung der Vorbereitungsassistenten. Dieser steht einer zweckwidrigen „Verwertung“ von Assistententätigkeiten im MVZ wie in der BAG oder Einzelpraxis im Übrigen entgegen.
Ferner ist die Rechtsauffassung des SG Düsseldorf betreffend MVZ selbst dann zu restriktiv, wenn bei einem Vertragszahnarzt tatsächlich rechtmäßiger Weise lediglich von einem zulässigen Vorbereitungsassistenten in Vollzeit bzw. zwei Teilzeit-Assistenten auszugehen wäre. Die entsprechende Anwendung der vermeintlich rechtlich gebotenen Begrenzungen der Vorbereitungsassistentenanstellung bei einem Vertragszahnarzt auf ein MVZ ist mangels Vergleichbarkeit rechtswidrig und folgt nicht aus §§ 1 Abs. 3, 3 Abs. 3 und 32 Abs. 2 ZÄ-ZV. Die entsprechende Anwendung kraft § 1 Abs. 3 ZÄ-ZV bezieht sich im Kontext der Vorbereitungsassistenten auf die in MVZ tätigen Zahnärzte unabhängig vom Zulassungsstatus, nicht jedoch auf das MVZ selbst. Ein MVZ bei der Frage der Obergrenze von Assistentengenehmigungen ohne weitere Würdigung der Umstände des Sachverhalts mit einem Einzelzahnarzt per se gleich zu behandeln, stellt eine rechtswidrige Gleichbehandlung wesentlich ungleicher Anknüpfungsgegenstände dar, die sachlich nicht gerechtfertigt ist und folglich gegen Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG – im Hinblick auf den Vorbereitungsassistenten, die MVZ-Zahnärzte und das MVZ selbst (Art. 19 Abs. 3 GG) – verstößt. Die prinzipielle Schlechterstellung von MVZ gegenüber Einzelvertragszahnärzten stellt jedenfalls eine nicht gesetzlich gerechtfertigte Beeinträchtigung der Berufsausübungsfreiheit des jeweiligen Vorbereitungsassistenten dar, Art 12 Abs. 1 GG.
Im Ergebnis bleibt abzuwarten, wie das BSG die oben wiedergegebenen Argumente der beiden zitierten Instanzgerichts-Entscheidungen würdigt. Für potentielle Gründer von MVZ stellt die dargestellte aktuelle Rechtsunsicherheit einen in die Gesamtabwägung für und wider MVZ-Gründung einzustellenden Gesichtspunkt dar, insbesondere bei einer größeren BAG, die regelmäßig mit Vorbereitungsassistenten arbeitet. Es besteht nach unserer Einschätzung aber die berechtigte Hoffnung, dass die restriktive Rechtsauffassung des SG Düsseldorf einer rechtlichen Überprüfung anlässlich einer (Sprung-)Revision vor dem Hintergrund der Berufsausübungsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG nicht standhalten wird. Bislang im MVZ angestellte MVZ-Gesellschafter können – je nach Konstellation – auch überlegen, in den Status der eigenen Zulassung zurück zu wechseln, wenn die jeweils zuständige KZV bei der Vorbereitungsassistenten-Genehmigung an die Zulassung des Vertragszahnarztes im MVZ anknüpfte. Vorher sollte jedoch eine Gesamtbetrachtung der sonstigen Effekte dieses Schrittes durchgeführt werden.

 

Dr. Felix Reimer, LL.M. (Medizinrecht)
Rechtsanwalt