Versorgungsaufschlag für Krankenhäuser im Rahmen der Covid-19 Pandemie

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Versorgungsaufschlag für Krankenhäuser im Rahmen der Covid-19 Pandemie

Der Bundestag hat das Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze anlässlich der Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite beschlossen. Die Beschlussempfehlung (BT-Drs. 20/78) können Sie hier abrufen. Die Hintergründe können Sie dem Bericht des Hauptausschusses (BT-Drs. 20/89, hier abrufbar) entnehmen.

I. Zusammenfassung und Folgeprobleme

Das Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze anlässlich der Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite enthält die Einführung einer neuen Ausgleichszahlung für Krankenhäuser. Nunmehr sollen alle Krankenhäuser für teil- und vollstationäre behandelte Patienten, die sich mit dem SARS-Cov2-Virus infiziert haben, einen fallbezogenen Versorgungsaufschlag erhalten. Hierdurch können die Krankenhäuser einen Aufschlag in Höhe von 4.503,60 bis zu 9.507,60 EUR pro Patient erhalten. Die Höhe ist hierbei primär davon abhängig, welche tagesbezogene Ausgleichspauschale das Krankenhaus im Rahmen der Freihaltepauschalen erhalten hat. Diese Versorgungsaufschlag ist zunächst für den Zeitraum vom 01.11.2021 bis zum 19.03.2021vorgesehen. Die Anspruchsberechtigung gilt – anders als bei den Ausgleichszahlungen in der zweiten Welle – unabhängig von der Auslastung von intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten sowie Inzidenzzahlen. Gleichermaßen sind alle zugelassenen Krankenhäuser anspruchsberechtigt. Eine Einschränkung auf solche Krankenhäuser, die über eine Notfallstufe verfügten, findet nicht mehr statt.

Neben diesem Versorgungsaufschlag wurden auch der Ausgleich von Erlösrückgängen im Rahmen der Budgetverhandlungen für die Jahre 2019 und 2020 festgesetzt. Die sogenannten Freihaltepauschalen werden nicht wieder eingeführt. Eine Kompensation für das Freihalten von Behandlungskapazitäten ist nicht mehr vorgesehen. Hier stellte sich für die Krankenhäuser, die von der zuständigen Landesbehörde zur Verschiebung von elektiven Leistungen sowie Freihaltung angewiesen respektive verpflichtet wurden, die Frage der Kompensation. Bundesrechtlich ist hier kein Ausgleich vorgesehen, sodass sich die Frage stellte, inwiefern das Land zum Ausgleich verpflichtet ist. Diese Frage ist von der Rechtsprechung nach dem jetzigen Stand nicht entschieden. Insofern haben einzelne Gerichte in Verfahren, in denen sich die Krankenhäuser gegen eine solche Verfügung gewehrt haben, etwaige Klagen abgewiesen. Solche Verfügungen seien vor dem Hintergrund der Ausgleichszahlungen des Bundes rechtmäßig gewesen. Demnach könnte es hier aufgrund des Wegfalls der Kompensation für das Freihalten von Behandlungskapazitäten und den damit verbundenen Minderbelegungen zu anderen Entscheidungen kommen.

II. Handlungsempfehlung

Für die Krankenhäuser empfiehlt es sich nach dem jetzigen Stand, die notwendigen organisatorischen Maßnahmen zu treffen, um wöchentlich die Anzahl der in der jeweiligen Kalenderwoche entlassenen Patienten, die mit dem SARS-CoV2-Virus infiziert waren, gegenüber den Landesbehörden angeben zu können. Diese Meldung gegenüber den Landesbehörden wird die Grundlage für die Ermittlung der Anspruchshöhe bilden. Zu berücksichtigen ist dabei, dass dieser Versorgungszuschlag für sämtliche teil- und vollstationär behandelten Patienten gilt und nicht nur auf intensivmedizinisch behandelte Patienten beschränkt ist.

Die konkreten erforderlichen Nachweise sowie das Verfahren sind nach dem jetzigen Stand nicht normiert. Wie bereits bei den Ausgleichszahlungen sollen die konkreten Maßgaben hierzu noch von dem GKV-Spitzenverband, dem Verband der Privaten Krankenversicherung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft getroffen werden. Als Frist für diese vorzunehmende Vereinbarung sieht das Gesetz den 31.11.2021 vor. Deshalb empfiehlt es sich zusätzlich, täglich die Webseiten der vorgenannten Verbände und Gesellschaften aufzusuchen.

III. Versorgungsaufschlag nach § 21a KHG

Die Rechtsgrundlage für den Versorgungsaufschlag bildet der neue § 21a KHG. Den Normtext haben wir diesem Newsletter als Anlage beigefügt. Strukturell ist der Versorgungsaufschlag den bisherigen Ausgleichszahlungen nach § 21 KHG nachempfunden, weist indes inhaltliche Differenzen auf. So wird der Versorgungsaufschlag für die teil- und vollstationäre Behandlung von mit dem SARS-CoV-2 Virus Infizierten Patienten ausgezahlt. Demnach knüpft dieser Versorgungsauftrag nicht mehr an die Freihaltung von Behandlungskapazitäten an. Ein weiterer Unterschied zu den Freihaltepauschalen nach § 21 Abs. 1a KHG besteht darin, dass die Anspruchsberechtigung – anders als bei der zweiten Welle – nicht mehr vom Unterschreiten eines freien Anteils von intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten und Überschreiten eines Inzidenzwertes abhängig ist.

1. Anspruchsberechtigt sind alle zugelassenen Krankenhäuser. Daneben können auch Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, die vom GKV-Spitzenverband, dem Verband der Privaten Krankenversicherung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft bestimmt werden, anspruchsberechtigt sein. Es ist nicht mehr erforderlich, dass das Krankenhaus über eine Notfallstufe i.S.d. der GBA-Richtlinie verfügt. Erforderlich für die Ausgleichszahlung ist die Behandlung eines Patienten, der mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert ist. Der Virusnachweis muss mittels eines labordiagnostischen Tests nachgewiesen werden. Dabei gilt dies für die Behandlung sämtlicher voll- und auch teilstationär behandelter Patienten. Eine Beschränkung auf die Behandlung von Patienten in spezifischen Fachabteilungen, wie beispielsweise der Intensivmedizin, findet demnach nicht statt.

2. Die Ermittlung der Höhe des Versorgungsaufschlages bestimmt sich grundsätzlich nach der tagesbezogenen Pauschale, die bereits im Rahmen der Freihaltepauschalen zur Anwendung kam. Das Bundesgesundheitsministerium hat für die einzelnen Krankenhäuser die tagesgleiche Pauschalen zuletzt in der COVID-19-Ausgleichszhalungs-Anpassungs-Verordnung (hier abrufbar) festgelegt. Demnach haben die Krankenhäuser eine tagesbezogene Pauschale in Höhe von 360 EUR bis 760 EUR zugewiesen bekommen. 90 % der Höhe der tagesbezogenen Pauschale sind sodann mit dem Faktor 13,9 zu multiplizieren. Diese Multiplikation erfolgt vor dem Hintergrund, dass der Versorgungsaufschlag – anders als die Ausgleichszahlungen – fallbezogen ermittelt wird. Der Faktor 13,9 bilde hier die durchschnittliche Verweildauer eines Covid-19-Patienten ab.

3. Für den Nachweis sieht § 21a Abs 3 Nr. 2 KHG vor, dass die Krankenhäuser unteranderem die Anzahl an mit dem Coronavirus infizierten Patienten, die in der jeweils vorhergehenden Kalenderwoche entlassen wurden, gegenüber der zuständigen Landesbehörde gemeldet werden. Demnach wird es im Rahmen der Krankenhausorganisation erforderlich sein, sämtliche Covid-19 Patienten im gesamten Haus zu identifizieren und die Entlassungen zu dokumentieren. Hier müssen gegebenenfalls zusätzliche Maßnahmen zu den DIVI-Meldungen, in denen bereits die Anzahl an Covid-19 Patienten gemeldet werden müssen, getroffen werden. Das konkrete Verfahren und die Form der Nachweise hat das Gesetz nicht festgelegt. Hierzu sollen der GKV-Spitzenverband, der Verband der Privaten Krankenversicherung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft bis zum 30.11.2021 eine gesonderte Vereinbarung treffen. Diese ist nach dem jetzigen Stand noch nicht getroffen.

IV. Ausblick

Der Gesetzgeber hat das Bundesministerium für Gesundheit ermächtigt, den Versorgungsaufschlag zu modifizieren. In zeitlicher Hinsicht kann der Auszahlungszeitraum des Versorgungsaufschlages für weitere sechs Monate verändert werden. Gleichermaßen kann das Bundesministerium für Gesundheit die Anspruchsvoraussetzungen sowie die Höhe der tagesbezogenen Pauschale modifizieren. Aufgrund der Neuheit dieses Gesetzes ist nicht absehbar, ob und wenn ja, in welcher Form dies passieren könnte. Dies wird maßgebend von dem weiteren Verlauf der Pandemie abhängig sein. Das Bundesministerium für Gesundheit verfügte hinsichtlich der Freihaltepauschalen über ähnlich weite Befugnisse zur Modifikation. Hier hat das Bundesministerium für Gesundheit im Wesentlichen eine Modifizierung hinsichtlich der Anspruchsberechtigung vorgenommen. Bei etwaigen Änderungen zum Nachteil des Krankenhauses ist zu berücksichtigen, dass nach der Praxis die Ausgleichszahlungen im regelmäßigen Turnus mittels eines Bescheides festgesetzt wurden. Deshalb kann es zur Anspruchssicherung erforderlich sein, gegen jeden einzelnen Bescheid, der auf einer fehlerhaften Berechnung oder nachteiligen Festsetzung beruht, gerichtlich anzugreifen. Insofern können Änderungen, die das Bundesministerium für Gesundheit vornehmen könnte, nicht unmittelbar angegriffen werden. Ein Rechtsschutz gegen Bundesverordnungen sehen die Prozessordnungen nicht vor.

Weiterhin ist abzuwarten, ob und wie eine Kompensation für die Freihaltung von Behandlungskapazitäten erfolgt. Der derzeitige Gesetzesentwurf sieht hierzu nichts vor. Es ist aber nicht unwahrscheinlich, dass die Landesbehörden bei einer weiteren Verschärfung eben solche Anweisungen an die Plankrankenhäuser erteilen werden.

 

Benjamin Fischer
Rechtsanwalt

 

Anlage: Normtext § 21a KHG

§ 21a Versorgungsaufschlag an Krankenhäuser auf Grund von Sonderbelastungen durch das Coronavirus SARS-CoV-2

(1) Zugelassene Krankenhäuser erhalten für jede Patientin und jeden Patienten, die oder der zwischen dem 1. November 2021 und dem 19. März 2022 zur voll- oder teilstationären Behandlung in das Krankenhaus aufgenommen wird und bei der oder dem eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 durch eine Testung labordiagnostisch durch direkten Virusnachweis bestätigt wurde, einen Versorgungsaufschlag aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds. Satz 1 gilt nicht für Patientinnen und Patienten, die am Tag der Aufnahme oder am darauf folgenden Tag entlassen oder in ein anderes Krankenhaus verlegt werden.

(2) Die Höhe des Versorgungsaufschlags nach Absatz 1 Satz 1 je Patientin und je Patient ergibt sich aus der Multiplikation

  1. der für das jeweilige Krankenhaus geltenden tagesbezogenen Pauschale nach § 1 der COVID-19-Ausgleichszahlungs-Anpassungs-Verordnung oder der sich aus der Anlage zur COVID-19-Ausgleichszahlungs-Anpassungs-Verordnung ergebenden tagesbezogenen Pauschale
  2. des Prozentsatzes 90 und
  3. des Faktors 13,9

(3) Die Krankenhäuser melden

  1. die Höhe des für das Krankenhaus maßgeblichen Versorgungsaufschlags nach Absatz 2,
  2. jeweils die Zahl der in der vorhergehenden Kalenderwochen entlassenen, mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infizierten Patientinnen und Patienten ohne die Absatz 1 Satz 2 genannten Patientinnen und Patienten sowie
  3. den sich aus Multiplikation der Nummer 1 und 2 ergebenden Betrag

an die für die Krankenhausplanung zuständige Landesbehörde, die die von den Krankenhäusern gemeldeten Beträge prüft und summiert. Die für die Krankenhausplanung zuständige Landesbehörde kann für die Prüfung der Richtigkeit der Mittelanforderungen Unterlagen von den Krankenhäusern anfordern. Die Ermittlung nach Satz 1 ist erstmalig für die 44. Kalenderwoche des Jahres 2021 und letztmalig für die elfte Kalenderwoche des Jahres 2022 durchzuführen. § 21 Absatz 2a Satz 5 und 6 gilt entsprechend

(4) Die Länder übermitteln die für ihre Krankenhäuser aufsummierten Beträge nach Absatz 3 Satz 1 unverzüglich, spätestens innerhalb von drei Tagen nach Abschluss der Prüfung der Meldung nach Absatz 3 Satz 1, an das Bundesamt für Soziale Sicherung. Das Bundesamt für Soziale Sicherung zahlt auf Grund der nach Satz 1 angeforderten Mittelbedarfe die Beträge an das jeweilige Land unverzüglich aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds. Die Länder leiten die Beträge spätestens innerhalb von drei Tagen nach Eingang der Mittel nach Satz 2 an die Krankenhäuser weiter. Das Bundesamt für Soziale Sicherung bestimmt das Nähere zum Verfahren der Übermittlung der aufsummierten Beträge sowie der Zahlung aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds.

(5) Die Vertragsparteien nach § 17b Absatz 2 vereinbaren bis zum 30. November 2021 das Nähere zum Verfahren des Nachweises der Zahl der mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infizierten im jeweiligen Krankenhaus voll- oder teilstationär behandelten Patientinnen oder Patienten. Kommt eine Vereinbarung nach Satz 1 nicht innerhalb dieser Frist zustande, legt die Schiedsstelle nach § 18a Absatz 6 den Inhalt der Vereinbarung ohne Antrag einer Vertragspartei innerhalb von weiteren zwei Wochen fest.

(6) Das Bundesamt für Soziale Sicherung teilt dem Bundesministerium für Gesundheit unverzüglich die Höhe des nach Absatz 4 Satz 2 gezahlten Betrags mit. Der Bund erstattet den Betrag an die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds innerhalb von einer Woche nach der Mitteilung nach Satz 1.

(7) Die Länder übermitteln dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen bis zum 15. Januar 2022 für das Jahr 2021 und bis zum 20. April 2022 für das Jahr 2022 eine krankenhausbezogene Aufstellung der nach Absatz 4 Satz 3 ausgezahlten Finanzmittel. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen übermittelt den Vertragsparteien nach § 18 Absatz 2 die Höhe der einem Krankenhaus nach Absatz 4 Satz 3 ausgezahlten Beträge, differenziert nach den Jahren 2021 und 2022.

(8) Die Länder übermitteln dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 29. April 2022 jeweils das Ergebnis ihrer krankenhausbezogenen Prüfung der Meldungen nach Absatz 3 Satz 1. Dabei ist insbesondere darzustellen, welche zusätzlichen Unterlagen für die Prüfung angefordert worden sind und in wie vielen Fällen und in welcher Höhe Mittelanforderungen der Krankenhäuser als unplausibel zurückgewiesen worden sind.