KHAG – Krankenhausreformanpassungsgesetz

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KHAG –  Krankenhausreformanpassungsgesetz  

Der Gesetzesentwurf zur Anpassung der Krankenhausreform (KHAG) liegt in der Fassung eines Referentenentwurfs vom 30.07.2025 vor (s. hier).  Er enthält ausführliche Änderungsvorschläge der mit dem KHVVG eingeführten Regelungen zu Leistungsgruppen und zur Vorhaltefinanzierung. Vorgesehen sind Fristanpassungen, die Erweiterung von Ausnahme- und Kooperationsmöglichkeiten, die Anpassung der Leistungsgruppen und Qualitätskriterien, die Änderung des Finanzierungstopfes beim Transformationsfonds sowie Sonderregelungen für Zuweisungen aus 2024, die alleine in NRW erfüllt sein dürften (“lex Laumann”).

Insgesamt wird damit mehr Zeit für die Bundesländer jenseits NRW gegeben, was zu begrüßen ist. Auch nimmt die Flexibilität zu, was die Ausgewogenheit befördern kann. Der Rechtsschutz wird allerdings abgesehen von der Chance, etwas mehr Zeit für diesen zu erhalten, inhaltlich weiterhin erschwert.

Für den besseren Überblick haben wir die vorgesehenen Änderungen nachfolgend schlagwortartig zusammengestellt. Bewertungen von Einzelregelungen werden wir in den kommenden Newslettern gesondert vornehmen:

  • Zeitplan Krankenhausplanung
    • Die Frist für die Beauftragung der erstmaligen LG-Prüfung durch den MD wird auf den 31.12.2025 verschoben.
    • Der MD hat für die Prüfungen einen Monat länger (bis zum 31.07.2026) Zeit
    • Das Anpassungsgesetz geht davon aus, dass die Zuweisung von LG durch die Planungsbehörden weiterhin zum 01.01.2027 erfolgen – weiterhin gilt aber, dass zwar eine Zuweisung bis zu diesem Zeitpunkt erfolgen kann, aber keine gesetzliche Pflicht vorgesehen ist
    • Der mittelbare Zwang zur Zuweisung per Abrechnungsverboten ohne Zuweisung ist vom 01.01.2027 auf den 01.01.2028 verschoben worden, sodass sich der Start auch wegen der sonstigen Anpassungen auf den 01.01.2028 verschiebt, so nicht Bundesländer sich im Rahmen ihrer Befugnisse für einen früheren Zeitpunkt entscheiden
  • Leistungsgruppen
    • Es verbleiben die 60 LG aus NRW plus die LG spezielle Traumatologie
    • Damit werden gestrichen:
      • LG 3 Infektiologie
      • LG 16 Spezielle Kinder- und Jugendchirurgie
      • LG 47 Spezielle Kinder- und Jugendmedizin
      • LG 65 Notfallmedizin
    • Leistungsgruppen werden grundsätzlich nur dann zugewiesen, wenn die Mindestvorhaltezahlen erreicht sind
    • Die Rechtsverordnung des BMG legt die Mindestvorhaltezahlen je LG mit Zustimmung des Bundesrates bis zum 12.12.2026 fest
  • Leistungsgruppen-Rechtsverordnung
    • Die Frist zum Erlass und zum Inkrafttreten der RVO des BMG mit Zustimmung des Bundesrats wurde ersatzlos gestrichen
    • Damit werden die Spezifikation der Qualitätskriterien für die Leistungsgruppen im KHAG geregelt
  • Anpassung der Qualitätskriterien
    • Die Anlage 1 zu § 135e wird neu unter Berücksichtigung der Empfehlungen des Leistungsgruppenausschusses gefasst (s. hier die Synopse)
    • In einigen Leistungsgruppen werden Qualitätsvorgaben verändert, grundlegend bleibt das System jedoch erhalten
    • Als Vollzeitäquivalent gelten 38,5 statt 40 Wochenstunden
    • Die Einbeziehung der Erfüllung der PpUGV wird durchgängig gestrichen
  • Zuweisung von LG trotz Nichterfüllung der Qualitätskriterien (Sicherstellungshäuser, Betriebseinstellung)
    • Der Entscheidungsspielraum der Länder zu einer ausnahmsweisen LG-Zuweisung erhalten zur Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung wird erweitert
    • Bisherige Erreichbarkeitsvorgaben als Grundlage für Ausnahmen werden gestrichen; insofern entscheiden die Landesbehörden im Rahmen ihres eigenen Beurteilungsspielraums anhand des Kriteriums der „Zumutbarkeit der Entfernung“ im Einzelfall; bislang waren für grundversorgende Leistungsgruppen 30 Minuten, für spezielle Leistungsgruppen 40 Minuten als Maximum festgelegt; damit kann zukünftig auch z. B. bei einem 20 Minuten-Abstand bereits eine Ausnahme verfügt werden, erst Recht bei Überschreitung der bisherigen Grenzwerte
    • Die Länder sollen nach Möglichkeit eine bundeeinheitliche Umsetzung anstreben
    • Die Ausnahme erfordert weiterhin das Benehmen mit den Krankenkassen auf Landesebene
    • Wie bislang ist die Zuweisung einer LG bei Nichterfüllung der Kriterien grundsätzlich auf drei Jahre zu befristen. Eine erneute Befristung ist nun nur für weitere drei Jahre und auch nur im Einvernehmen mit den Krankenkassen möglich. Dies gilt nicht bei der Betriebsstillegung.
    • Sicherstellungshäuser sind zu verpflichten, die Qualitätskriterien innerhalb einer angemessenen Frist zu erfüllen
    • Es wird ein neuer Ausnahmetatbestand eingeführt: Wird der Betrieb eines Krankenhausstandortes vollständig oder teilweise eingestellt, ist die Nichterfüllung der Kriterien unerheblich, wenn Zuweisung der LG für die Umsetzung der Betriebseinstellung zwingend erforderlich ist. Denn wird die Umstrukturierung schrittweise vollzogen, können einzelne Qualitätskriterien ggf. nicht mehr umfassend erfüllt werden. Die Ausnahme soll einen geregelten Übergang ermöglichen.
    • Vor Gewährung der Ausnahmeregelung ist zu prüfen, ob die fehlenden Qualitätskriterien in Kooperationen oder Verbünden erfüllt werden können, dies gilt nicht, wenn der MD dies bereits zuvor geprüft hat.
    • Unbefristete Ausnahmen sollen für bedarfsnotwendige ländliche Häuser, die bereits aktuell Sicherstellungszuschläge erhalten, gelten.
  • Onkologische Chirurgie
    • Die Mindestfallzahlen für die Onkochirurgie und das partielle Abrechnungsverbot bleiben, die Methodik wird aber insofern angepasst, als dem G-BA kann niedrigere als die gesetzlich vorgesehenen Fallzahlen festlegen kann, sofern dies zur Aufrechterhaltung der Versorgung erforderlich ist.
  • Rechtsqualität des MD-Gutachtens
    • Erfüllung der Qualitätskriterien wird durch das MD-Gutachten nachgewiesen.
    • MD-Gutachten ist laut der Gesetzesbegründung des Ministeriums eine rein behördeninterne Maßnahme zur Vorbereitung der Zuweisungsentscheidung durch die Planungsbehörde
    • MD-Gutachten ist für die Frage der Erfüllung der Qualitätskriterien für die Krankenhausplanung verbindlich.
    • MD-Gutachten kommt lt. Begründung gegenüber dem Krankenhaus trotzdem keine Außenwirkung zu und ist deshalb nicht selbständig anfechtbar, da Planungsbehörde ja Ausnahme zur Sicherstellung verfügen könnte
    • Das Krankenhaus muss den Bescheid abwarten und kann erst dagegen vorgehen, das MD-Gutachten wird dann im Gerichtsverfahren geprüft, der Bescheid ist aber währenddessen schon wirksam
  • InEK
    • Das InEK bleibt weiterhin für den Grouper zuständig
    • Planungsbehörden übermitteln die zugewiesenen Leistungsgruppen erstmals bis zum 30.09.2027 an das InEK zur Ermittlung des Vorhaltebudgets
    • Behörden können jedoch unbeschadet dessen freiwillig zum 31.12.2025 oder 31.12.2026 übermitteln und erhalten sodann bis zum Ende des Februars des Folgejahres eine Mitteilung, inwiefern sich die Zuteilung theoretisch auswirken würde
  • Bundes-Klinik-Atlas
    • Die Fallzahlen der erbrachten Leistungen sollen differenziert nach krankenhausplanerisch zugewiesenen LG im Bundes-Klinik-Atlas veröffentlicht werden
  • Belegärzte
    • Belegärzte in ausgewiesenen Belegabteilungen können für die Facharztquote mitgezählt werden
    • Anstelle eines Vollzeitäquivalentes tritt ein Belegarzt mit vollem Versorgungsauftrag
  • Standortbegriff
    • keine Änderungen
  •  Teilstationäre Einheiten
    • Geforderte Verfügbarkeiten bei der sachlichen oder personellen Ausstattung gelten für Krankenhausstandorte, an denen keine vollstationäre Krankenhausbehandlung erbracht wird (Tages- und Nachtkliniken), nur während der jeweiligen Betriebszeiten
  • Fachkliniken (Level F)
    • Für Fachkrankenhäuser gilt pauschal, dass verwandte Leistungsgruppen grundsätzlich in Kooperationen und Verbünden erbracht werden können
    • Entsprechend werden bisherige Sonderregelungen in der Anlage 1 zum SGB V gestrichen
    • Die Definition von Fachkliniken lässt allerdings weiter auf sich warten
  • Vertragskrankenhäuser
    • Klarstellung: Im Fall einer notwendigen Auswahlentscheidung zwischen mehreren Bewerbern sind Auswalkriterien zu berücksichtigen, soweit sie definiert, sind
    • Auch hier Entfall der Erreichbarkeitsvorgaben, Kriterium der Zumutbarkeit maßgeblich
    • Verpflichtende Prüfung, ob Qualitätsvorgaben in Kooperationen oder Verbünden erfüllt werden können, sofern nicht bereits durch MD geprüft
    • Mindestvorhaltezahlen gelten auch hier
  • Prüfung Strukturmerkmalen (OPS-Kodes)
    • Das bisherige verwaltungsrechtliche Verfahren, dass Krankenhäuser bei MD-Prüfungen zu der Erfüllung der Strukturmerkmale beantragen können, wird gesetzlich aufgenommen
    • Es handelt sich um kein zivilrechtliches Auftragsverhältnis
    • Das Krankenhaus hat Anspruch auf Erlass eines Bescheides des MD über die Ergebnisprüfung (Verwaltungsakt)
  • Vorhaltevergütung
    • Vergütung durch Vorhaltepauschalen und die Abhängigkeit von Mindestvorhaltezahlen bleiben
    • Anpassung des Zeitplans
      • Einführung wird um ein Jahr verschoben und damit auch das für die erstmalige Erfüllung der Mindestvorhaltezahlen relevante Jahr (2026 statt 2025) sowie korrespondierend der bisherige Rechtsstand z. B. bezüglich des Fixkostendegressionsabschlages auch um ein Jahr verlängert wird
      • 2026 und 2027: alter Rechtsstand
      • 2028 und 2029: Konvergenzphase
      • ab 2030: volle Finanzwirksamkeit
    • Diejenigen Bundeslänger, die bis Ende des Jahres 2025 (2026) ihre Leistungsgruppen zuordnen erhalten vom InEK bis Ende 2026 (2027) die Mitteilung, welche Vorhaltevergütung an welches Krankenhaus fließen würde (Auswirkungsanalyse), s. oben zu „InEK“
  • Zuschläge und Abschläge
    • Die Einführung des Zuschlags für Koordinierungs- und Vernetzungsaufgaben wird um ein Jahr verschoben; entsprechend verschiebt sich die Frist für die Meldung der Zuweisung dieser Aufgaben an das InEK; die Meldefrist ist kalenderjährlich nicht mehr der 31.10., sondern der 31.09.
    • Der Ausschluss der Erhebung von Abschlägen von der Fallpauschale bei Unterschreitung der unteren Grenzverweildauer für den Bereich Pädiatrie wird um ein Jahr verschoben
  • Transformationsfonds
    • Speist sich nicht mehr aus der Liquiditätsreserve aus dem Gesundheitsfonds, sondern aus dem Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität
    • Land muss das Vorliegen eines Fördertatbestandes bei dem zu fördernden Vorhaben sowie die Förderfähigkeit nach Maßgabe weiterer Regelungen eigenständig geprüft und festgestellt haben muss
    • Förderfähigkeit und förderfähige Kosten prüft das Land eigenverantwortlich nach KHTFV unter Berücksichtigung der jeweiligen regionalen Versorgungsstrukturen
    • Eine bundesseitige Prüfung zu Fördertatbeständen und -kosten erfolgt nur im Einzelfall und lediglich im Sinne einer Plausibilitätsprüfung
    • Bei dem Antrag auf Förderung nach dem Transformationsfonds fällt die Prüfung des Insolvenzrisikos durch die Länder weg
  • Verhältnis NRW – Bund
    • Zuweisungen von LG, die bis zum 31.12.3024 erfolgten, bleiben erhalten. Es gilt eine bis zum 31.12.2030 befristete Übergangsregelung. Insoweit spricht zwar das Gesetz von Ländern im Plural, die Zuweisungen von LG bis zum 31.12.2024 vorgenommen haben. Allerdings wird hier – soweit ersichtlich – nur NRW die Voraussetzungen erfüllen. Dabei besteht ersichtlich erkennbar der Wille, dass die Voraussetzungen für die Weitergeltung des NRW-Rechtsstandes angenommen werden, obgleich die Mindestkriterien graduell unterschiedlich sind, der Prüfprozess abweichend gestaltet war (ohne MD-Beteiligung) und die Definitionen der Leistungsgruppen mitunter nachhaltig auseinanderfallen. Das wird zu Friktionen und Anwendungsschwierigkeiten führen.
    • Damit findet für die mit Bescheid vom 16.12.2024 in NRW erfolgten Zuweisungen grundsätzlich keine MD-Prüfung statt
    • Etwas anderes gilt nur bei Bescheidung aufgrund neuer regionaler Planungsverfahren oder Anpassungen aufgrund geführter verwaltungsgerichtlicher Verfahren, die für die Abrechungsfähigkeit der Leistungen ab dem 1.1.2028 die bundesrechtlichen Voraussetzungen inhaltlich, wie im Verfahren vollständig erfüllen müssen, sodass es in NRW zu einem gleichzeitigen Nebeneinander von NRW-Planungsrechtsentscheidungen und KHVVG-Planungsrechtsentscheidungen kommen wird. Auch werden Krankenhäuser, die nun in 2025 Neubescheidungen bekommen haben bzw. bekommen werden, bis zum 01.01.2028 erneute Bescheidungen nach Bundesrecht bewirken müssen
    • Die Regelungen, nachdem die Zuweisung einer LG unverzüglich aufzuheben ist, wenn das Krankenhaus die Qualitätskriterien nach Anlage 1 zum SGB V nicht erfüllt oder die Übermittlung des letzten MD-Gutachtens länger als zwei bzw. drei Jahre zurückliegt, gelten in NRW nicht. Damit sind nur die NRW-Qualitätskriterien maßgeblich und es entfällt das auf Bundesebene vorgesehene Nachweisverfahren
    • Vergütungsrechtlich gelten die allgemeinen Regelungen nach dem KHG, als Basis wird die erfolgte Zuweisung der LG genutzt, was u. a. auch heißt, dass die Mindestvorhaltezahlen dann konsequenterweise nach Bundes-LG-Definition werden erfüllen müssen, auch wenn die NRW-Definition abweicht
    • Für die LG spezielle Traumatologie, die in NRW bislang nichtzugewiesen wurde, ermittelt das InEK ein Vorhaltevolumen, das rechnerisch auf die Standorte aufgeteilt wird, die im vorangegangenen Jahr Leistungen dieser LG nach dem Leistungsgruppen-Grouper Bund zugeordnet werden. Der Anspruch auf ein Vorhaltebudget besteht unabhängig von der Erfüllung der Mindestvorhaltezahl
  • Fusionskontrolle
    • Die bislang in § 187 Abs. 10 GWB enthaltene Ausnahmeregelung wird in § 186a KHG neu gefasst. Damit ist weiterhin bei Überschreiten der Umsatzschwellen eine Ausnahme von der Fusionskontrolle im Krankenhausbereich möglich, sofern die Planungsbehörde bestätigt, dass der Zusammenschluss zur Verbesserung der Krankenhausversorgung erforderlich ist
    • Das Kriterium der standortübergreifenden Konzentration entfällt und wird durch den Zusammenschluss von mindestens zwei Krankenhäuern ersetzt
    • Die Norm findet auch Anwendung, wenn nur einzelne (rechtlich unselbständige) medizinische Fachbereiche bzw. Leistungsgruppen betroffen sind
    • Keine Anwendbarkeit auf Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen und Medizinische Versorgungszentren
    • Die Prüfung, ob der Fusion keine anderen wettbewerblichen Vorschriften entgegenstehen, obliegt nicht mehr den Planungsbehörden, sondern den sachnäheren Kartellbehörden (Bundeskartellamt und Landeskartellbehörden). Diese können unabhängig von der Entscheidung der Planungsbehörde kartellrechtliche Verfahren gegen die beteiligten Krankenhäuser einleiten
    • Die Planungsbehörde hat sich vor der Erforderlichkeitsbestätigung mit dem Bundeskartellamt ins Benehmen zu setzen

Es wird spannend, wie sich diese Änderungsvorschläge im politischen Prozess noch ändern werden und ob die Länder weitere Flexibilisierungsmöglichkeiten durchsetzen können und die Sonderregelungen für NRW halten werden. Auch der viel diskutierte Standortbegriff dürfte ein Thema werden.

 

 

Dr. Claudia Mareck                                        Prof. Dr. Andreas Penner
Rechtsanwältin                                              Rechtsanwalt
Fachanwältin für Medizinrecht

 

Dr. Benjamin Liedy
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Medizinrecht
Fachanwalt für Steuerrecht