OLG Frankfurt, Urt. v. 26.04.2019, 25 U 60/18: Krankenhäuser müssen keine Umsatzsteuer auf Zytostatika erstatten!?
Wir haben schon vielfach zur Umsatzsteuerproblematik auf zurückliegende Umsätze für patientenindividuelle Zubereitungen berichtet, zuletzt zu den Entscheidungen des BSG und des BGH. Nach der Entscheidung des BGH musste man an sich annehmen, dass jedenfalls die Grundsätze geklärt seien. Das hat das OLG Frankfurt (Kassel) anders gesehen. Es hat verschiedenen rechtlichen Einwendungen gegen die Erwägungen des BGH Gehör geschenkt und die Klage der PKV vollständig abgewiesen. Nun ist abzuwarten, ob sich dem andere Oberlandesgerichte anschließen und ob und mit welchem Ergebnis ein Revisionsverfahren betrieben wird.
Die tragenden Erwägungen des Oberlandesgerichtes sind die Folgenden. Ihnen ist uneingeschränkt zuzustimmen:
1. Anders als in den Fällen des BGH sei durch die Tatsacheninstanzen nicht bindend festgestellt, dass beide Parteien im Irrtum über die Umsatzsteuerbarkeit waren. Für den Patienten hielt der Senat dies für generell eher abwegig und den Vortrag der PKV für nicht hinreichend substantiiert. Ohne gemeinsamen Irrtum keine Lücke im Vertrag, ohne Lücke keine ergänzende Vertragsauslegung.
2. Das Ergebnis einer ergänzenden Vertragsauslegung könne zudem stets und ausschließlich ein vertraglicher Anspruch des Patienten sein, keineswegs aber unmittelbar ein Bereicherungsanspruch. Einen solchen könne man nicht vereinbaren. Vertragliche Ansprüche seien aber von der cessio legis des VVG nicht umfasst.
Die Auslegungsergebnisse des BGH stünden dem nicht entgegen, da auch der BGH nicht zu einem Bereicherungsautomatismus gekommen sei. Vielmehr zeige die BGH-Erkennntnis von Grundsatz/Ausnahme/Rückausnahme, dass der Patient allenfalls einen Anspruch gg das KH habe auf Ermittlungen, ob eine Ausnahme (dann Erstattung) oder eine Rückausnahme (dann keine Erstattung) vorliege; dies sei aber eben ein vertraglicher Anspruch.
3. Die Nachverzinsung müsse auch berücksichtigt werden, wenn sie das Delta zwischen Umsatzsteuer und Vorsteuer nicht vollständig konsumiere.
4. Auch müssten die Patienten bei Entstehung des Anspruchs – laut BGH im Jahre 2016 – noch gelebt haben. Andernfalls sei in ihrer Person kein Anspruch entstanden, der auf die PKV hätte übergehen können.
Matthias Wallhäuser
Rechtsanwalt I Fachanwalt für Medizinrecht
Certified Compliance Officer (Univ.)
Lehrbeauftragter der FOM Köln (Recht des Sozial- und Gesundheitswesens)
Mitherausgeber der Zeitschrift „Der-Krankenhaus-JUSTITIAR“